Page 37 - Mariazell 2016
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"Weg der Barmherzigkeit"
Ich lasse dann diese Zweifel zu und sage mir: „Ja, es kann sein, dass alles
Einbildung ist. Aber wenn alles nur Einbildung ist, dann können wir letztlich gar
nichts erkennen. Dann ist alles absurd.“
Wenn ich die Zweifel zu Ende denke, dann steigt in mir eine tiefe innere
Gewissheit auf: „Ich traue der Bibel, ich traue der hl. Teresa, dem hl. Augustinus,
der hl. Edith Stein. Ich setze auf diese Karte.“ Dieser Zweifel gehört zu unserem
Beten. Aber es gibt auch Menschen, die verzweifelt sind, die keine Hoffnung
mehr haben, weil sie zu viele Schicksalsschläge erlebt haben.
Hoffen mit Verzweifelten.
Raten heißt nicht: einen Ratschlag geben. Schon im Wort Ratschlag steckt
etwas Aggressives. Rat ist ursprünglich der Hausrat, das, was ich zum Leben
brauche. Einen Rat zu geben heißt, letztlich den andern in Berührung zu
bringen mit dem inneren Vorrat an Weisheit, den er in seiner Seele hat, ihn
seine innere Quelle spüren zu lassen, aus der er schöpfen kann, wenn er in
Zweifel gerät.
Wenn aber einer verzweifelt ist, können wir ihm keinen Rat geben. Ich kann
nur seine Verzweiflung aushalten und trotzdem an der Hoffnung für ihn
festhalten. Ich hoffe auf ihn und für ihn. Das kann ihm helfen, dass er mitten in
seiner Verzweiflung einen Grund der Hoffnung findet, auf dem er wieder fest
stehen kann.
GEBET
Barmherziger und guter Gott,
Du kennst meine Zweifel am Glauben.
Schenke mir immer wieder die Gewissheit,
dass Du da bist, dass Du mich in Deinen guten Händen hältst.
Schenke mir dieses Vertrauen gerade dann, wenn mich eine Krankheit oder
Podersdorfer Wallfahrt 2016 Seite 32