Page 40 - Mariazell 2016
P. 40

"Weg der Barmherzigkeit"

Erzählen tut mir gut. Trösten heißt dann: mich weiter zu fragen, was der oder
die Verstorbene mir sagen möchte, was ihre Botschaft an mich ist.

Dann kann ich allmählich glauben, dass meine Trauer ein Ziel hat: eine neue
Beziehung zum Verstorbenen aufzubauen, ihn als inneren Begleiter zu
erfahren. Das kann meine Trauer allmählich verwandeln.

Rituale helfen.

Die Trauer dürfen wir nicht überspringen. Sonst wird uns ein Trauerkloß im Hals
stecken bleiben. Und oft genug wird sich die verdrängte Trauer als Depression
zeigen. Eine wichtige Hilfe beim Trösten sind Rituale.

Sich selbst betrauern.

Es gibt aber nicht nur die Trauer über den Verlust lieber Menschen, sondern
auch die Trauer um verpasste Lebenschancen, über zerbrochene
Lebensträume und über die eigene Durchschnittlichkeit. In Gesprächen erlebe
ich oft Menschen, denen es schlecht geht, weil die Bilder, die sie von sich und
ihrem Leben haben, nicht mit ihrer Realität übereinstimmen. Ich versuche sie
dann einzuladen, zu betrauern, dass ihr Leben nicht so ideal ist, wie sie es sich
vorgestellt haben.

Trösten heißt dann, sie bei diesem Trauerprozess zu begleiten. Das führt die
Trauernden in den Grund ihrer Seele. Dort entdecken sie auf einmal das
Geheimnis ihres Lebens. Und sie kommen durch ihre Trauer hindurch in
Berührung mit dem Gefühl der Dankbarkeit, dass sie so sind, wie sie sind, dass
Gott alle Wege mit ihnen geht.

GEBET

Barmherziger Gott, du lässt die Trauernden nicht allein.
Jesus, dein Sohn, ist zu Maria und Martha gegangen,

Podersdorfer Wallfahrt 2016                               Seite 35
   35   36   37   38   39   40   41   42   43   44   45