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VIVE LA DIFFERENCE
„Nach Einschätzung der deutschen Wohlfahrtsverbände
MÄNNER IN PFLEGEBERUFEN – besteht die Gefahr, dass die Zahl der in der Pflege beschäftigten
Männer in Deutschland weiter sinken wird.“
(FAST) ALLEIN UNTER FRAUEN
Gesundheits, Kranken, Kinderkran erzogen worden, keine Mädchen zu auch die pflegenden Frauen in den kräfte in Deutschland sind Frauen, rungsprozesses gehört die Gender
ken, Altenpfleger und Pflegehelfer sein oder irgendetwas zu tun, was Einrichtungen könnten Männer eine der Anteil der weiblichen Führungs problematik in den Fokus, da struk
sind vergleichsweise junge Berufe, mit weiblichen Tätigkeiten zu sam Bereicherung darstellen. Insbeson kräfte hingegen liegt Schätzungen turelle Änderungen allein nicht zum
die sich erst im Laufe der zweiten men hängt. dere die Heimunterbringung braucht zufolge unter 25 %. Frauen sind mit Auflösen der Geschlechterstereotype
Hälfte des 20. Jahrhunderts entwi einen behutsamen Umgang, erfolgt 70% nach wie vor Hauptverantwortli führen: Fürsorglichkeit und ähnli -
ckelt haben und seither immer wei Laut Statistischem Bundesamt ent- sie in der Regel in einem Alter, in che, wenn es zu einem Pflegefall in che Zuschreibungen sollten vom
ter professionalisiert wurden. Ein schied sich 2006 nur jeder 45. dem die Anpas sungs fähigkeit an sich der Familie kommt. Sie leisten durch Geschlecht getrennt als berufliche
Blick auf die Pflege im ambulanten männliche Jugendliche für einen schon gering ist, kommen gesund schnittlich 21 Stunden pro Woche un Kompetenzmerkmale gehandhabt
und stationären Bereich zeigt, dass Pflegeberuf. heitliche Schwierigkeiten (häufig ein bezahlte Sorgearbeit und kombinie wer den, welche ein geschlechtsneu-
überwiegend Frauen in den Pflege Krankenhausaufenthalt unmittelbar ren diese in 65% der Fälle mit trales Berufsbild ent wer fen wür den.
berufen beschäftigt sind. Das Wissen um genderspezifische davor) hinzu. Den Auswirkungen der Be rufs tätig keit.
Verhaltensweisen in Krankheitssitu fehlenden gewohnten Lebensbezüge Durch die Auffassung der Fürsor
ationen ist ein wichtiger Aspekt für auf das psychische Befinden muss Hierbei kommt es zu den bekannten ge als weibliches Qualitätsmerkmal
Ohne Frauen läuft nichts die Gestaltung individueller, patien neben der gesundheitsbezogenen Problemen der Vereinbarkeit von Fa wur de die Emotionsarbeit im Pflege
tenorientierter Pflege. So kann eine Fürsorge stärker Rechnung getragen milie und Beruf, was zum Teil die beruf bisher zu wenig anerkannt und
Über 70 Prozent der Hauptpflegeper optimale Versorgung der Patienten werden. Hier wäre in Altersheimen hohe Teilzeitquote von Frauen belegt. nicht entsprechend entlohnt. Emo ti
sonen in der Pflege sind Frauen. Seit und Patientinnen ohne Geschlech ein gendersensibler Ansatz zu begrü- Frauen, die Sorgearbeit leisten und ons arbeit wird in beispielsweise the
jeher waren es vor allem Frauen, die terkluft in der Prävention und The ßen: 80 Prozent der Untergebrachten dadurch ihre Erwerbsar beit unter- rapeutischen Berufen so wohl ver
im pflegerischen Bereich tätig waren. ra pie möglich werden. Ziel ist es sind Frauen, 80 bis 90 Prozent der brechen oder im Stundenumfang re- gü tet, als auch nicht (nur) als Anlage
Und auch heute noch wird die Pflege dem zufolge, die Genderproblema - Pflegenden sind ebenfalls Frauen, die duzieren, werden dauerhaft finanzi- mit gebracht, sondern in der Ausbil
als klassischer Frauenberuf betrach tik vermehrt zu gewichten und zu er - Angebote zur Beschäftigung, Bewe- ell benachteiligt. Sie zahlen ge rin - dung erlernt. Glei ches sollte für das
tet. Das liegt daran, dass sich man forschen. gung, Begegnung sind weiblich aus- gere Bei träge in das So zial versi che - angehen de Pflegepersonal gelten.
che Klischees in der Gesellschaft be gerichtet. Ein Ausgleich in Richtung rungs system. Die Vermittlung eines sol chen Be
harrlich halten: Frauen seien von Geschlechtersensible Pflege beruht des männlichen Identitätsgefühls rufsbildes nach außen sowie als
Natur aus fürsorglich und mütterlich, auf der Kenntnis der sozialen Prozes und den damit einhergehenden Inter- Nach Einschätzung der deutschen Leitbild innerhalb der be ruflichen
quasi biologisch auf Pflege gepolt. se, die Gesundheit und Krankheit be essen wäre zu begrüßen. Wohlfahrtsverbände be steht die Qualifizierung könnte mit den größ
einflussen, und solcher Prozesse, die Gefahr, dass die Zahl der in der Pfle ten Beitrag zur Aufwertung der
So sehr auch die Genderdebatte in sich auf die Pflegepraxis auswirken. Im professionellen Pflegebereich bil ge beschäftigten Männer in Deutsch Pfle ge arbeit für beide Geschlechter
die einzelnen Gesellschaftsfelder Ein Im Angesicht dieser Probleme er- Beispielsweise „alte Männer“ benö- det sich ebenfalls die tradierte Vor land weiter sinken wird. Als Begrün leisten.
zug gehalten hat, in der alltäglichen schienen Geschlechterverhältnisse tigen in manchen Situationen „pfle- stellung ab, dass der Bereich der dung hierfür wird die Abschaffung
Pflegepraxis wurde das Thema wei im Berufsbild eher als ein auf der gende Männer“, die sie als Män - körperlichen Pflege ein weibliches des Zivildienstes genannt. 12 % Das Berufsbild muss attraktiver ge-
testgehend ignoriert. Aspekte wie Tagesordnung weit nach hinten ge- ner wahrnehmen und männli chen Betätigungsfeld ist, Männer hin aller Zivildienstleistenden blieben staltet werden. Eine Kultur der Pfle-
Fachkräftemangel, starker Rationa- rücktes „Luxusthema“. Interessen und Ausdrucksformen gegen eine „natürliche Begabung“ entgegen ihrer vorher geäußerten ge hängt maßgeblich von einer Kul-
lisierungsdruck und vermehrt auf- Raum verschaffen. Ein Wunsch der für leitende Positionen innehaben. Berufswünsche im sozialen Bereich. tur der Wertschätzung für diejenigen
kommende seelische Krankheiten Unsere Welt ist aber eine Männer Pflegebedürftigen nach gleichge „Männer in der Pflege erhalten eine ab, die in der Pflege tätig sind.
durch hohen Arbeitsdruck prägen welt. Männer werden als nicht so schlechtlicher Pflege ist ohne männ patriarchale Dividende, da sie häufi Der Pflegeberuf muss dringend
die Berufspraxis im Gesundheitswe- männlich angesehen, wenn sie in die liches Personal nicht zu realisieren. ger in Führungspositionen im Pflege stärker professionalisiert werden.
sen, insbesondere im Pflegebereich. Pflege gehen. Und Männer sind dazu Aber auch für die zu pflegenden wie bereich arbeiten.“ 75 % der Pflege Im Rahmen dieses Professionalisie
22 Autorin: Susanne Rissmann, Leitung Weiterbildung Pflege in der Psychiatrie der Bezirkskliniken Mittelfranken 2020 / Ausgabe 34 2020 / Ausgabe 34 23