Page 16 - engelthaler-rundschau-34-2020
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TYPISCH MANN,                                                                                       SCHON  KLAR:  FRAUEN  REDEN  ZU   Ängstlichkeit  und  Verletzlichkeit).   dersten, 2008). Untersuchungen zei ­
                                                                                                                                                                                                      gen,  dass  solche  Volumenunter­
                                                                                                                                                                    Würde man laut der Studie per Zufall
                                                                                                                                  VIEL  UND  HORTEN  SCHUHE,  MÄN-
                                                                                                                                                                    je einen Mann und eine Frau verglei­
                                                                                                                                                                                                      schiede  bereits  bei  Neugeborenen
                                                                                                                                  NER  LIEBEN  AUTOS  UND  HÖREN
                                                                                                                                                                    chen,  so  ist  sie  in  zwei  Dritteln  der
                                                                                                                                                                                                      be stehen, also vermutlich genetisch
                                                                                                                                  NIE  ZU.  BEI  SOLCHEN  KLISCHEES
                             TYPISCH FRAU –                                                                                       KÖNNTE MAN JA WIRKLICH ANNEH-     Fälle  ängstlicher  bzw.  verletzlicher,   bedingt  sind  (Hüppi  et  al.,  1998).
                                                                                                                                                                                                      ABER ACHTUNG: EINEN GLOBALEN
                                                                                                                                                                    aber auch mitfühlender bzw. altruis­
                                                                                                                                  MEN, DASS WIR VON VERSCHIEDE-
                                                                                                                                                                    tischer als er. Zum Vergleich: Wären
                                                                                                                                                                                                                                 ZWI-
                                                                                                                                  NEN  PLANETEN  STAMMEN  (EVATT,
                                                                                                                                                                                                      INTELLIGENZUNTERSCHIED
                                                                                                                                  2017).
                                                                                                                                                                    die  Merkmale  gleich  verteilt,  lägen
                                                                                                                                                                                                      ES DESHALB NICHT (HILBIG, 2000).
                                                                                                                                                                    die  Chancen  naturgemäß  bei  50:50.   SCHEN DEN GESCHLECHTERN GIBT
                                                                                                                                  In vielen Köpfen – meiner nicht aus­  Man  kann  also  festhalten,  dass  es
                                               ODER WAS?!                                                                         geschlossen – finden sich wohl noch   wissenschaftlich belegte charakterli­
                                                                                                                                  immer  solche  oder  ähnliche  Ge­  che Unterschiede zwischen den Ge­  Gehirnstruktur
                                                                                                                                  schlechterstereotype (Def.: G. beste­  schlechtern  gibt  –  jedoch  nicht  bei
                                                                                                                                  hen  aus  Attributen,  die  „der“  Mann   jeder Eigenschaft und auch nicht bei   Auch  postulierte  ein  internationales
                                                                                                                                  oder „die“ Frau haben oder nicht ha ­   allen Personen.             Team  von  Neurowissenschaftlern
                                                                                                                                  ben soll, je nach herrschendem Leit­                                (Joel et al. 2015), dass Gehirne nicht

                                                                                                                                  bild von Männlichkeit oder Weib lich ­                              typisch männlich oder weiblich sind,
                                                                                                                                  keit;  Dorsch  Lexikon  der  Psycho ­   Angeboren oder erlernt?     und  es  i. d. R.  wenig  Sinn  ergibt,
                                                                                                                                  logie).                                                             ein Gehirn anhand derartiger anato­
                                                                                                                                                                    Sind  Frauen  aber  nun  tendenziell    mischer  Auffälligkeiten  zu  katego ­
                                                                                                                                  Doch abseits von festgefahrenen, ba­  fürsorglicher,  aber  auch  emotiona­  ri sieren.  Sie  untersuchten  von  gut
                                                                                                                                  nal  klingenden  Annahmen  zu  „ty­  ler, weil sie Dank ihrer zwei X­Chro­  1400 Personen die Hirnregionen mit
                                                                                                                                  pisch Mann – typisch Frau“ stellt man   mosomen  entsprechende  Hormone   den größten geschlechtsspezifischen
                                                                                                                                  sich  in  der  psychologischen  For­  ausschütten  und  mit  dafür  vorgese­  Unterschieden.  Doch  auch  dort  fan ­
                                                                                                                                  schung  immer  wieder  Fragen  wie:   henen  Gehirnen  auf  die  Welt  kom­    den die Forscher noch starke Über­
                                                                                                                                  „Gibt  es  tatsächlich  nachweisbare   men? Oder weil sie beim Spielen mit   schneidungen  zwischen  den  Ge­
                                                                                                                                  Unterschiede  zwischen  den  Ge­  der  geschenkten  Puppe  und  beim   schlechtern.  Nur  sechs  Prozent  der
                                                                                                                                  schlechtern und wenn ja, warum?“  Modelllernen  am  Vorbild  „Mama“   Gehirne zeigten allein typisch weibli­
                                                                                                                                                                    schon  von  klein  auf  entsprechen ­   che oder männliche Strukturen. DIE
                                                                                                                                                                    de  Verhaltensweisen  erlernen?  Und     ÜBERWIEGENDE  MEHRHEIT  DER
                                                                                                                                  Studien                           entwickeln  Männer  aufgrund  ihres    UNTERSUCHTEN  GEHIRNE  WIES
                                                                                                                                                                    Y­Chromosoms von Geburt an neuro­  EIN  INDIVIDUELLES  „MOSAIK“  AUS
                                                                                                                                  Unter  der  Vielzahl  an  Studien  und   nale  Strukturen  und  Hormonlevel,   MÄNNLICHEN  UND  WEIBLICHEN
                                                                                                                                  Theorien aus diesem Gebiet, können   welche sie durchschnittlich gelasse­  MERKMALEN AUF.
                                                                                                                                  hier leider nur einige wenige darge­  ner,  aber  auch  weniger  kooperativ
                                                                                                                                  stellt  werden.  Bei  einer  besonders   machen?  Oder  sind  auch  hier  die
                                                                                                                                  groß  angelegten  Untersuchung  (Ka­  Lernerfahrungen  entscheidend,  die   Bedeutung von Hormonen
                                                                                                                                  jonius & Johnson, 2018) wurden an­  in  Kinderzimmern  bei  spielerischen
                                                                                                                                  hand  der  Selbstauskünfte  von  mehr   Plastikschwertkämpfen  und  tapfe ­  Und  was  hat  es  nun  mit  den  Bo­
                                                                                                                                  als 320 000 Menschen die 30 Facet ­   ren Indianersprüchen im Umgang mit   tenstoffen  auf  sich?  Mann  und  Frau
                                                                                                                                  ten des in der Psychologie bekannten   Schmerzen  und  Tränen  gemacht   produzieren  im  Durchschnitt  ent­
                                                                                                                                  Fünf­Faktoren­Modells  der  Persön­  werden?  WIE  SO  OFT  IN  DER  PSY-  sprechend  ihres  genetisch  fest ­
                                                                                                                                  lichkeit  (Costa  &  McCrae,  1987)  er­  CHOLOGISCHEN  FORSCHUNG  ER-  ge leg ten  Geschlechts  „männertypi­
                                                                                                                                  fasst.  Bei  13  der  Merkmale  fanden   GIBT  SICH  ALSO  AUCH  HIER  DIE   sche“ Hormone wie Testosteron und
                                                                                                                                  die  Psychologen  zumindest  kleine   KLASSISCHE  ANLAGE-UMWELT-    „frau en typische“  wie  Östrogen  und
                                                                                                                                  Abweichungen  zwischen  den  Ge­  DIS KUSSION. Viele gehen davon aus,   Progesteron  in  unterschiedlichen
                                                                                                                                  schlechtern,  beachtlich  groß  waren   dass  sich  geschlechtstypische  Be­  Kon  zentrationen. Der Hormonspiegel
                                                                                                                                  diese jedoch nur bei zwei der überge­  sonderheiten  in  den  Strukturen  des   be einflusst  u. a.  wie  sensibel  und
                                                                                                                                  ordneten  Persönlichkeitsdimensio­  Denkorgans widerspiegeln. Tatsäch­  empfindungsstark  wir  sind,  was  ein
                                                                                                                                  nen:  Verträglichkeit  (Eigenschaften   lich  sind  Männergehirne  entspre­  Experiment  zeigt  (Goldstein,  2010).
                                                                                                                                  wie  Altruismus  und  Mitgefühl)  und   chend  der  Körpergröße  im  Schnitt   Forscher  zeigten  Probanden  diverse
             „Zwilling“                                                                                                           Neurotizismus  (Eigenschaften  wie   größer und schwerer (DeVries & Sö­  Bilder – amüsante, furchteinflößende,





     16     Autorin: Christina Lommer, M.sc. Psychologie, Psychosomatik                            2020 / Ausgabe 34              2020 / Ausgabe 34                                                                                      17
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