Page 98 - Soziale Beziehungen, unter die Lupe genommen! 2019
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1958 als Erster die Theorie aufstellte, dass ein Kleinkind
eine liebevolle Bindung zu seiner Mutter braucht, um als
Erwachsener verantwortungsvolle Beziehungen einge-
hen zu können, schien das revolutionär zu sein; heute ist
es Allgemeingut.
Die Familien, die in Film und Fernsehen sowie in der
Werbung dargestellt werden, üben ebenso wie Fami-
lienmitglieder oder Freunde mit Kindern einen beachtli-
chen Einfluss auf uns aus. Am stärksten werden wir je-
doch gewöhnlich von den Erfahrungen mit unseren ei-
genen Eltern geprägt. Dieser Einfluss kann ganz direkt
sein — wenn die Eltern bei der Versorgung eines Babys
oder eines kleinen Kindes helfen — oder indirekt und
unbewusst in unseren erlernten Reaktionen auf bestimm-
te Situationen.
Studien haben gezeigt, dass Kinder, die von ihren El-
tern aggressiv behandelt werden, eher dazu neigen, sich
genauso zu verhalten, wenn sie selbst Eltern werden. Bei
der Erforschung der Eltern-Kind-Beziehungen ist jedoch
nach und nach deutlich geworden, dass Eltern bei der
Erziehung nicht einfach ihre eigenen Kindheitserfahrun-
gen weitergeben. Viele Eltern, die mit ihrer Kindheit
negative Gefühle verbinden, versuchen im Gegenteil zu
gewährleisten, dass ihre eigenen Kinder andere Erfah-
rungen machen. Eine Studie aus dem Jahr 1991 zeigte,
dass Mütter mit einsamer und angsterfüllter Kindheit in
einigen Fällen dazu neigten, die soziale Entwicklung
ihrer Kinder besonders zu fördern und ihre Kinder zeig-
ten in der Regel größere soziale Kompetenz. Laut einer
Studie aus dem Jahr 1995 hatten Mütter, die sich an vie-
le Konflikte mit ihren Geschwistern erinnerten, eher
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