Page 134 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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^                       Q-ottl. Friedr. Lipps.
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         IL Das erfassende und das beziehende Denken.   Die Bewusstseins-
                           inhalte und die Substanzen.

                                        5.
            Da die Denkthätigkeit und der Denkgegenstand untrennbar zu-
         sammengehören, so offenbart sich in jeder Bestimmung sowohl thätiges
         Denken  als auch gegenständlich Bestehendes.  Denn von  einer Be-
         stimmung könnte keine Eede sein, wenn nicht eine Bethätigungsweise
         des Denkens möglich wäre, die in einem jene Bestimmung darbietenden
         Denkakte sich verwirklicht. Man könnte aber ebensowenig von einer
         Bestimmung reden, wenn   sie nicht  als Gregenstand oder an einem
         Gegenstande Bestand hätte. Der Vollzug von Bestimmungen gewährt
         somit ebensowohl bezüglich des Denkens wie bezüglich  des gegen-
         ständlich Bestehenden eine Erkenntniss. Und da es weder ein Denken
         an sich noch ein Ding an sich gibt, vielmehr alles Denken und alles
         Gegenständliche in thatsächlich vollziehbaren Bestimmungen sich offen-
         bart, so kann das Denken und das Bestehende in seinem ganzen Um-
         fange erforscht werden:  es  gibt weder unerkennbares Denken noch
         unerkennbare Gegenstände.
            Es sind sonach — wenn ein System zusammengehöriger Erkennt-
        nisse als Wissenschaft bezeichnet wird — zwei Wissenschaften möglich:
         die Wissenschaft vom Denken und         die Wissenschaft vom
         gegenständlich Bestehenden.      Sie bilden besondere Gebiete des
         Erkennens, weil das Denken als Thätigkeit vom Gedachten als Gegen-
         stand unterschieden werden muss, und sie sind die einzig möglichen,
        weil außer dem Denken und den Gegenständen nichts weiter in den
        Denkakten hervortritt.  Sie stehen aber wegen der Untrennbarkeit
         von Denkthätigkeit und Denkgegenstand nicht beziehungslos neben
         einander, so dass es scheinen könnte, als ob sie im Grunde genommen
         eine und dieselbe Wissenschaft wären, deren Erkenntnisse nur eine
         doppelte Deutung erfahren, je nachdem sie als eine Offenbarung des
         Denkens oder des gegenständhch Bestehenden aufgefasst werden.
            Dies wäre  in der That der Fall, wenn durch das Denken die
         Gegenstände  erst erzeugt würden, oder wenn das Denken ledighch
         ein Spiegel der Gegenstände wäre, in welchem die letzteren ein zweites,
         schattenhaftes Dasein gewännen. Dann müsste die Lehre vom Denken
         zugleich die Lehre von den Gegenständen enthalten und umgekehrt.
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