Page 115 - Geschichte des Kostüms
P. 115

221
                               :


                          FRANKREICH                  -    XVIII. JAHRHUNDERT







                          Fig.  I.  Vornehmer Herr aus der Zeit Ludwigs XIV.
                          Fig. 6 und   7.  Vornehmer Herr aus der Zeit nach 1728.
                          Bis zum Tode Ludwigs XIV.         (i7i5)  blieb  die  männliche,  in  der  zweiten
                  Hälfte des  17. Jahrhunderts ausgebildete Tracht der vornehmen Stände,         die zugleich
                  die Hoftracht war, unverändert.      Erst  unter der Regentschaft suchte man sich von
                  der Steilheit  dieser Tracht zu befreien, was aber nur kurze Zeit anhielt, da mit dem
                  Regierungsantritt Ludwigs XV. wieder eine strengere Hofetikette zur Herrschaft kam.
                  Der   Rock   (justaucorps) wurde,   insbesondere   von   Stutzern,  mit  weitabstehendem,
                  glockenförmigem Schoß getragen, der      in Nachahmung der weiblichen       Reifröcke   mit
                  Fischbein   aufgesteift  oder  mit steifem Unterfutter  unterlegt wurde.    Er   blieb  wie
                  früher kragenlos und     behielt  auch die Überschlage    an  den Armein,     die  aber  bis
                  zu den Ellenbogen emporstiegen.       Die Schöße waren mit weiten Taschen mit Über-
                  klappen versehen.    Dazu wurde wieder die lange Weste getragen, die aber oberhalb
                  der Taille nur    mit wenigen Knöpfen      geschlossen wurde und darüber offen        blieb,
                  damit der Spitzenbesatz    des Hemdes,     das Jabot, und das Halstuch       mit gestickten
                  Enden,   die Cravate, gesehen werden konnten.        Die Oberschenkelhosen blieben eng.
                  Die Strümpfe,    die unter den Knien     mit Kniebändern    (Jarretieres^  befestigt wurden,
                  wurden nicht mehr aus      farbigen  Stoffen, sondern meist von weißer Seide getragen.
                  An   die Stelle  der großen Allongeperücken      traten  erheblich  kleinere,  die nunmehr
                  gepudert und hinten    in einem viereckigen Beutel von schwarzem TafFet eingeschlossen
                  wurden,   der durch   eine Bandschleife zusammengefaßt wurde.        Diese Tracht    erhielt
                  sich  bis gegen 1750.
                                                der Zeit Ludwigs XIV. —
                          Fig.  2.  Dame aus                                    Die Dame     trägt  noch  die
                  Fontange,     einen nach    einer Geliebten Ludwigs XIV. benannten hohen Kopfputz
                  aus gesteiftem Leinenzeug, das wie die Orgelpfeifen zusammengerollt und getollt und
                  mit Schleifen, Federn, Blumen und Perlen        besetzt war.   Diese Fontange behauptete
                  sich bis zum Jahre    17 14, wo auf einem Hoffeste in Versailles zwei vornehme Eng-
                  länderinnen mit niedri.',em Kopfputz und gesteiften Röcken erschienen.        Dem Könige
                  gefiel die Tracht so   . \r,  daß  er den Wunsch aussprach:        ,,Wenn doch    die fran-
                  zösischen Damen so     \ erständig wären,   ihre lächerliche CoifFure gegen jene zu ver-
   110   111   112   113   114   115   116   117   118   119   120