Page 116 - Geschichte des Kostüms
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tauschen."   Diesem Wunsch wurde natürUch schleunigst         Folge  gegeben;   aber  mit
            dem niedrigen Kopfputz, wurde auch der       gesteifte Rock angenommen, der sich bald
            zum Reifrock (Panier, Korb; auswuchs.
                                   Damen im Reifrock. — Als das gesteifte Leinenzeug, über dem
                   Fig. 3 und 4.
            der Rock   ausgebreitet  wurde,  nicht mehr    genügte, wurde    ein  eignes  Untergestell
             Cerceau    verfertigt,  gewöhnlich   vier  Reifen  übereinander   aus  Rohr,   Fischbein
            oder  Stahl,  die  durch  Bänder   oder   ganz  durch   Zeug   verbunden    waren.    Der
            Durchmesser eines solchen Untergestells    stieg  bis zu sieben und mehr Fuß.      Trotz-
            dem daß    die  Geistlichkeit  gegen  die  Reifröcke  eiferte und   zahlreiche  satirische
            Flugschriften  sie  lächerlich machten,  erhielten  sie  sich  bis  in  die Mitte des  Jahr-
            hunderts, um     dann   nach   zeitweiliger  Verengerung    mit   dem    Regierungsantritt
            Ludwigs XVI.    durch  die Königin   Marie   Antoinette  wieder   in  die Mode gebracht
            zu  werden, und zwar     in noch vergrößertem Umfange, nur daß die Form aus dem
            Rund ins Oval verändert wurde      (Fig.  10).  Der über dem Untergestell getragene Rock
            war reich mit Spitzen, Volants und Falbeln       (Falbalas)    besetzt.  In dem    Grade,
            als  sich  der Hock   erweherte,  wurde das Leibchen (Cor sage),        begünstigt durch
            die enge Schnürung     des  darunter   getragenen Corsets, immer       enger zusammen-
            gezogen, so daß ein scharfer Gegensatz     zwischen    der Bekleidung   des   oberen und
            unteren Körperteils entstand.
                   Fig.  5.  Dame im Mantel mit Kapuze.
                   Fig. 8 und   9.  Wie Fig. g  zeigt, war das Leibchen nur an der Vorderseite des
            Oberkörpers eng   anschließend.    An der Rückseite    fiel dagegen das Kleid   in breiten
            Faltenmassen herab, ohne daß die Taille markiert wurde.
                   Fig.  10.  Marie Antoinette. — Schon um 1725 war es Mode geworden, den
            Rock   an  der Vorderseite durch   einen dreieckigen Ausschnitt    zu  öffnen,  damit  ein
            kostbares Unterkleid darunter gezeigt werden konnte.      Diese Mode wurde auch von
            Marie Antoinette   beibehalten.  Um    aber etwas Neues     zu  erfinden,  bauschte man
            den oberen Rock ringsum auf und raffte ihn zunächst an dei Seiten durch Schleifen
            auf,  so daß mehr von dem Saum des Unterkleides          sichtbar wurde,   bis  schließlich
            das Oberkleid ringsherum immer höher gardinenartig aufgerafft wurde und zu einem
            Überwurf zusammenschrumpfte.
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