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UMFRAGE FAHRER KOMMEN ZU WORT
In Deutschland wären
Fahrer weitgehend
auf sich alleine
gestellt, wollten
sie gegen Miss -
stände protestieren.
Das Bild stammt
aus 2008 ...
Eine echte Lobby fehlt –
und der Mut, sich aufzulehnen
Eine halbe Million Lkw-Fahrer und ten torpedieren, einen Betriebsrat Kündigungsgründe zu finden. Da
jede Menge Missstände auf den zu gründen und dabei die Hilfe ei- reichen ein paar Lenkzeit- oder
Geschwindigkeitsverstöße, um
ner der genannten Gewerkschaften
Straßen sowie in den Betrieben: in Anspruch zu nehmen. einen unbequemen Fahrer mit
Repressalien zu belegen.
Das schreit nach einer schlagkräftigen EINEN BETRIEBSRAT ZU Bei anderen Kollegen herrsch-
Gewerkschaft. Die ist allerdings für GRÜNDEN, IST SCHWIERIG te Übereinstimmung darin, dass
Zwei Kollegen, die auf keinen Fall
die Gewerkschaften so gut wie un-
viele Fahrer nicht wahrnehmbar. namentlich erwähnt oder gar abge- sichtbar sind. Weder werden die
Fahrer dort angesprochen, wo sie
bildet werden wollten, berichteten
entsprechendes. Der Chef mache unterwegs sind – also etwa an
keinen Hehl daraus, sofort den Ar- Rasthöfen – noch sind Erfolge ge-
beitsvertrag zu kündigen, sollte sich werkschaftlicher Arbeit irgendwie
s gibt viele Faktoren, die den lands) und Verdi sind existent, kön- ein Fahrer in Sachen Betriebsrats- präsent im Fahrerhaus. Dennoch
Job auf einem Speditions-Lkw nen aber offensichtlich den Großteil gründung engagieren. Ein Kollege wünschen sich viele Unterstüt-
Ezum Frusterlebnis machen. der Lkw-Fahrer kaum erreichen. berichtet frustriert: „Ich habe mit zung und fühlen sich ziemlich al-
Die Hauptprobleme sind seit Jahren Ohne die gewerkschaftliche Arbeit drei Kollegen beim Chef vorgespro- leingelassen. Das Bedürfnis nach
bekannt: Lohndumping, Parkplatz- in Frage stellen zu wollen, wirft sich chen, dass wir einen Betriebsrat einem starken Berufsverband ist
not und zu enge Tourenpläne füh- natürlich die Frage auf, wie man planen. Jetzt stehe ich ganz alleine also durchaus da, aber es fehlt an
ren die Liste der Missstände an. Das eine Berufsgruppe am besten er- da, die beiden Kollegen sind näm- direkter Ansprache und Möglich-
alles ließe sich nur wirksam ange- reicht, die den größten Teil ihres lich inzwischen nicht mehr im Un- keiten, sich zu informieren. Ein Christian Bonk (6); Marcus Führer/picture alliance/dpa
hen, wenn eine schlagkräftige Lob- Arbeitstages unterwegs am Steuer ternehmen, da der Chef sie rausge- gangbarer Weg für KFG und Ver-
by sich für die Fahrer einsetzen verbringt. schmissen hat“. di wäre es also, dort Flagge zu zei-
würde. KFG (Kraftfahrer-Gewerk- Hinzu kommen immer noch Für betriebsratsfeindliche gen und Gespräche zu führen,
schaft, im Verbund des Christlichen zahlreiche Chefs, die sehr rigoros Speditionsinhaber ist es zudem ja wo es tagtäglich brennt: auf der
Gewerkschaftsbundes Deutsch- die Bemühungen Ihrer Angestell- auch nicht sonderlich schwer, Straße. Christian Bonk ©
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