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MB AROCS HAD  PRAXISEINSATZ
















               artin Kuhn fährt seit fast
               30 Jahren für Fischer Weil-
        Mheim und ist einer der ers-
        ten Kollegen, die einen der neuen
        Arocs HAD bekamen.
           Sowohl dem Arocs als auch
        dem hydraulischen Radnaben-
        antrieb HAD stand Martin anfangs
        kritisch gegenüber. Obwohl er in
        den 30 Jahren bei Fischer Weilheim    Deutlich angenehmer als beim MP3:     Zur Sicherheit angebunden:     Zu hoch: das Außenstaufach,
        nur Mercedes fuhr, sieht sich der    der treppenförmige Einstieg    die Abdeckung der Schleppöse    zu groß: die Abgasbox    Gregor Soller
        Schwabe – anders als sein Chef –                                                                                  ©
        „keineswegs mit der Sternenmarke
        verheiratet“. Die „43“ in der Typbe-
        zeichnung seit langem die kleinste
        PS-Zahl seiner Dienstzeit: Der
        Vorgänger war ein 46er-Actros,   Kilometern ist das nach Martins   gut 25 Tonnen auf. Obwohl dessen   Material einen Teil eines Schotter-
        dessen Vorläufer gar ein 55er-V8   ersten Erfahrungen nicht der Fall.  Fahrer das schwere Material so   werkes zu verfüllen.
        – „am Ende meiner Karriere werde   Seine Touren führen regelmä-  niedrig wie möglich in die Mulde zu   Hier schätzt Martin besonders,
        ich wohl mit einem Schubkarren   ßig hinauf zum Boßlertunnel, der   fördern versucht, bebt der Zug bei   dass sich Powershift sehr lang auf
        unterwegs sein“, witzelt Martin.   neben Weilheim an der Teck in den   jeder neuen Schaufel Material, das   das Drehmoment des OM 470 ver-
           Doch schon der Einstieg gestal-  Albanstieg getrieben wird. Aktuell   in die Mulde rutscht. Mit gut 40   lässt und den Reihensechser fast bis
        tet sich positiv: Die treppenförmig   fördern die riesigen Bohrmaschi-  Tonnen klettert Martin jetzt aus der   auf 800 Touren fallen lässt, bevor
        angeordneten Stufen des Arocs las-  nen schlammiges Geröll und wei-  Materialumschlägfläche. Bei 41 hät-  dank Neigungswinkelsensor in den
        sen sich wesentlich leichter erklet-  ches Gestein aus dem Berg, was die   te er wieder abladen müssen, aber   passenden Anschlussgang zurück-
        tern als die „Eiger-Nordwand“ des   Anfahrt auch wegen der Feuchtig-  der Radladerfahrer hat ein gutes   geschaltet wird. Nur an der letzten
        Actros MP3, den er zuvor gefahren   keit der letzten Tage erschwert. Ein   Gefühl für das Material und zur Si-  engen Kehre kurz vor dem Schot-
        hat. Außerdem seien Einstieg und   Kollege im 4x2 braucht viel mehr   cherheit eine Waage an Bord seiner   terwerk muss er „tricksen“ und vor-
        Stufen eine Idee breiter, was die   Raum zum Wenden und auch   Lademaschine. In der Grube    her manuell einen niedrigeren
        Kletterpartie zusätzlich erleichtert.   mehr Anlauf, um die Ladestelle   bescheinigt Martin dem 1843 im   Gang festlegen, weil die Steigung
           Weniger hoch ist die leider   wieder verlassen zu können.   Offroadmodus leicht optimierte   zwar nachlässt, die Kehre aber sehr
        nicht geworden: Nach wie vor gilt                         Schaltzeiten. Außerdem erkennt   unübersichtlich ist: Da der Automat
        es, 1,62 Meter zu erklimmen, beim   AN DER ERSTEN LADESTELLE   Powershift enge Links- oder Rechts-  hier nicht voraussehen kann, dass
        MP3-Allrad waren es „nur“ 1,54   GEHT NICHTS OHNE HAD     abbieger und schalte passend zu-  Martin sich langsam ums Eck wird
        Meter. Das Leergewicht des Zuges   Martin aktiviert hier den hydrauli-  rück, wenn sich das Dreiachsaggre-  tasten müssen, würde Powershift zu
        blieb mit rund 14,7 Tonnen (in-  schen Radnabenantrieb HAD – der   gat des Cargobull-Sattels dann so   spät zurückstufen und müsste dann
        klusive Schmitz-Stahlkastenmul-  sich prinzipbedingt lautstark be-  richtig in die Kurve spreizt und den   entweder mit einem riesigen Gang-
        de) trotz Euro 6 auf dem Niveau des   merkbar macht – und wendet den   Vortrieb zusätzlich hemmt.   sprung oder zwei (zu späten)
        Vorgängers, der allerdings mit Zu-  unbeladenen Kippsattelzug direkt   Dann arbeitet sich der Arocs   Anpassungsschaltungen reagieren
        schalt-Allrad ausgerüstet war.   in der weichen Ladestelle ohne auf   langsam auf die Autobahn vor, die   – manuell kann der Schwabe da-
           Dann folgt der Druck auf den   die gut planierten Zufahrten achten   er nach einigen Kilometern bereits   gegen einfach durchfahren.
        Startknopf und – etwas unerwartet   zu müssen. Und schon beim Ran-  wieder verlässt, um gen Süden alb-
        – ist der Neue nicht leiser als sein   gieren bergan müssen die Vorder-  anwärts zu steigen. Als ihm hier die   DIE SCHALTVORGÄNGE SIND
        Vorgänger. Und bei weniger Hub-  räder mit ran, was gut funktioniert.   flache Wintersonne ins Gesicht   WENIGER GEWORDEN
        raum muss Martin auch noch auf   Anfangs habe den passionier-  scheint, wünscht sich Martin eine   In Summe fällt ihm aber positiv auf,
        Drehmoment verzichten: 2100 statt   ten (Zuschalt-)Allradfahrer Martin   längere Sonnenblende – wer kein   dass der Neue trotz des minimal
        2200 Newtonmeter sind geboten,   das leicht verzögernde Ansprechen   Sitzriese ist, muss schwer blinzeln.   gesunkenen Drehmomentes weni-
        die minimal später bei 1100 statt   des HAD zugegebenermaßen et-  Dafür entlocken selbst grobe   ger schaltet als der Vorgänger. Das
        wie vorher bei 1080/min anliegen.   was irritiert, sagt er. Mittlerweile   Unebenheiten dem Interieur kein   mag auch daran liegen, dass der
           Da stellt sich die Frage, ob sich   habe er sich aber daran gewöhnt.   Zittern oder Knarzen, was Martin,   Common-Railer unten herum et-
        das im harten Alb-Alltag negativ   Zumal ihn die hydraulischen Rad-  nach dreißig  Jahren als Sternenrei-  was elastischer ist als der V6-Vor-
        bemerkbar macht? Nach gut zwei   nabenmotoren bisher überall dort   ter, auch nicht anders erwartet hat-  gänger, dem unter 900 Touren
        Wochen und 3160 gefahrenen    durchgebracht haben, wo das auch   te: „Was die Verarbeitung angeht,   schnell die Luft ausging. An der
                                                   der „echte“ All-  ist ein Mercedes einfach ein Merce-  Einfahrt  des  Schotterwerkes
        Ein üblicher Tag auf der Alb?              rad schaffte.   des, da kläppert nix!“      herrscht seltsamerweise striktes Fo-
                                                                                               tografier- und Mitfahrverbot, wes-
                                                                     Dann schraubt sich der Arocs
                                                     Der Radla-
        Ohne Allrad nicht zu machen!               der legt ihm nun   weiter nach oben, um mit dem    halb Martin den gut 15-prozentigen  ▶

                                                                                                          3/2016  Trucker  43
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