Page 43 - www.Trucker.de (+März 2016)
P. 43
MB AROCS HAD PRAXISEINSATZ
artin Kuhn fährt seit fast
30 Jahren für Fischer Weil-
Mheim und ist einer der ers-
ten Kollegen, die einen der neuen
Arocs HAD bekamen.
Sowohl dem Arocs als auch
dem hydraulischen Radnaben-
antrieb HAD stand Martin anfangs
kritisch gegenüber. Obwohl er in
den 30 Jahren bei Fischer Weilheim Deutlich angenehmer als beim MP3: Zur Sicherheit angebunden: Zu hoch: das Außenstaufach,
nur Mercedes fuhr, sieht sich der der treppenförmige Einstieg die Abdeckung der Schleppöse zu groß: die Abgasbox Gregor Soller
Schwabe – anders als sein Chef – ©
„keineswegs mit der Sternenmarke
verheiratet“. Die „43“ in der Typbe-
zeichnung seit langem die kleinste
PS-Zahl seiner Dienstzeit: Der
Vorgänger war ein 46er-Actros, Kilometern ist das nach Martins gut 25 Tonnen auf. Obwohl dessen Material einen Teil eines Schotter-
dessen Vorläufer gar ein 55er-V8 ersten Erfahrungen nicht der Fall. Fahrer das schwere Material so werkes zu verfüllen.
– „am Ende meiner Karriere werde Seine Touren führen regelmä- niedrig wie möglich in die Mulde zu Hier schätzt Martin besonders,
ich wohl mit einem Schubkarren ßig hinauf zum Boßlertunnel, der fördern versucht, bebt der Zug bei dass sich Powershift sehr lang auf
unterwegs sein“, witzelt Martin. neben Weilheim an der Teck in den jeder neuen Schaufel Material, das das Drehmoment des OM 470 ver-
Doch schon der Einstieg gestal- Albanstieg getrieben wird. Aktuell in die Mulde rutscht. Mit gut 40 lässt und den Reihensechser fast bis
tet sich positiv: Die treppenförmig fördern die riesigen Bohrmaschi- Tonnen klettert Martin jetzt aus der auf 800 Touren fallen lässt, bevor
angeordneten Stufen des Arocs las- nen schlammiges Geröll und wei- Materialumschlägfläche. Bei 41 hät- dank Neigungswinkelsensor in den
sen sich wesentlich leichter erklet- ches Gestein aus dem Berg, was die te er wieder abladen müssen, aber passenden Anschlussgang zurück-
tern als die „Eiger-Nordwand“ des Anfahrt auch wegen der Feuchtig- der Radladerfahrer hat ein gutes geschaltet wird. Nur an der letzten
Actros MP3, den er zuvor gefahren keit der letzten Tage erschwert. Ein Gefühl für das Material und zur Si- engen Kehre kurz vor dem Schot-
hat. Außerdem seien Einstieg und Kollege im 4x2 braucht viel mehr cherheit eine Waage an Bord seiner terwerk muss er „tricksen“ und vor-
Stufen eine Idee breiter, was die Raum zum Wenden und auch Lademaschine. In der Grube her manuell einen niedrigeren
Kletterpartie zusätzlich erleichtert. mehr Anlauf, um die Ladestelle bescheinigt Martin dem 1843 im Gang festlegen, weil die Steigung
Weniger hoch ist die leider wieder verlassen zu können. Offroadmodus leicht optimierte zwar nachlässt, die Kehre aber sehr
nicht geworden: Nach wie vor gilt Schaltzeiten. Außerdem erkennt unübersichtlich ist: Da der Automat
es, 1,62 Meter zu erklimmen, beim AN DER ERSTEN LADESTELLE Powershift enge Links- oder Rechts- hier nicht voraussehen kann, dass
MP3-Allrad waren es „nur“ 1,54 GEHT NICHTS OHNE HAD abbieger und schalte passend zu- Martin sich langsam ums Eck wird
Meter. Das Leergewicht des Zuges Martin aktiviert hier den hydrauli- rück, wenn sich das Dreiachsaggre- tasten müssen, würde Powershift zu
blieb mit rund 14,7 Tonnen (in- schen Radnabenantrieb HAD – der gat des Cargobull-Sattels dann so spät zurückstufen und müsste dann
klusive Schmitz-Stahlkastenmul- sich prinzipbedingt lautstark be- richtig in die Kurve spreizt und den entweder mit einem riesigen Gang-
de) trotz Euro 6 auf dem Niveau des merkbar macht – und wendet den Vortrieb zusätzlich hemmt. sprung oder zwei (zu späten)
Vorgängers, der allerdings mit Zu- unbeladenen Kippsattelzug direkt Dann arbeitet sich der Arocs Anpassungsschaltungen reagieren
schalt-Allrad ausgerüstet war. in der weichen Ladestelle ohne auf langsam auf die Autobahn vor, die – manuell kann der Schwabe da-
Dann folgt der Druck auf den die gut planierten Zufahrten achten er nach einigen Kilometern bereits gegen einfach durchfahren.
Startknopf und – etwas unerwartet zu müssen. Und schon beim Ran- wieder verlässt, um gen Süden alb-
– ist der Neue nicht leiser als sein gieren bergan müssen die Vorder- anwärts zu steigen. Als ihm hier die DIE SCHALTVORGÄNGE SIND
Vorgänger. Und bei weniger Hub- räder mit ran, was gut funktioniert. flache Wintersonne ins Gesicht WENIGER GEWORDEN
raum muss Martin auch noch auf Anfangs habe den passionier- scheint, wünscht sich Martin eine In Summe fällt ihm aber positiv auf,
Drehmoment verzichten: 2100 statt ten (Zuschalt-)Allradfahrer Martin längere Sonnenblende – wer kein dass der Neue trotz des minimal
2200 Newtonmeter sind geboten, das leicht verzögernde Ansprechen Sitzriese ist, muss schwer blinzeln. gesunkenen Drehmomentes weni-
die minimal später bei 1100 statt des HAD zugegebenermaßen et- Dafür entlocken selbst grobe ger schaltet als der Vorgänger. Das
wie vorher bei 1080/min anliegen. was irritiert, sagt er. Mittlerweile Unebenheiten dem Interieur kein mag auch daran liegen, dass der
Da stellt sich die Frage, ob sich habe er sich aber daran gewöhnt. Zittern oder Knarzen, was Martin, Common-Railer unten herum et-
das im harten Alb-Alltag negativ Zumal ihn die hydraulischen Rad- nach dreißig Jahren als Sternenrei- was elastischer ist als der V6-Vor-
bemerkbar macht? Nach gut zwei nabenmotoren bisher überall dort ter, auch nicht anders erwartet hat- gänger, dem unter 900 Touren
Wochen und 3160 gefahrenen durchgebracht haben, wo das auch te: „Was die Verarbeitung angeht, schnell die Luft ausging. An der
der „echte“ All- ist ein Mercedes einfach ein Merce- Einfahrt des Schotterwerkes
Ein üblicher Tag auf der Alb? rad schaffte. des, da kläppert nix!“ herrscht seltsamerweise striktes Fo-
tografier- und Mitfahrverbot, wes-
Dann schraubt sich der Arocs
Der Radla-
Ohne Allrad nicht zu machen! der legt ihm nun weiter nach oben, um mit dem halb Martin den gut 15-prozentigen ▶
3/2016 Trucker 43