Page 12 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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Viele Jahrtausende nach der ersten Domestizierung von Pflanzen und Tieren wurde folgender Satz
  niedergeschrieben: „Macht euch die Erde untertan.“ Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits Städte, ein
  Wegesystem, Bewässerungsanlagen und viele andere kulturelle Leistungen, die ohne die Erfindung
  der  Landwirtschaft  und  die  damit  verbundene  Sesshaftigkeit  des  Menschen  nicht  möglich  gewesen
  wären.  Heute  sucht  man  nach  anderen  Deutungen  dieses  Satzes  aus  dem  Alten  Testament  und
  bevorzugt die Formulierung „urbar, dienstbar machen, als Kulturland in Besitz nehmen“.
     Wie immer man das hebräische Verb „kabasch“ übersetzt, es läuft auf dasselbe hinaus: Der Mensch

  griff in die Natur ein, indem er nicht mehr nur nahm, was sie ihm bot – das vom Halm gefallene Korn
  des  wilden  Grases,  ein  Tier  aus  einer  vorbeiziehenden  Herde,  das  er  erlegen  konnte.  Mit  der
  Kultivierung  von  Pflanzen  und  der  Tierhaltung  passte  der  Mensch  Flora  und  Fauna  seinen
  Bedürfnissen  an.  Und  er  formte  die  Landschaft,  rodete,  um  Flächen  für  Wiesen  und  Felder  zu
  schaffen, pflanzte Bäume dort, wo er Nutzholz schneiden konnte. Wenn wir heute durch die Natur
  spazieren und sie in all ihrer Schönheit genießen – wer ist sich bewusst, dass all dies Kulturlandschaft
  ist, die ihre Entstehung der „grandiosesten“ aller Ideen verdankt, der Erfindung der Landwirtschaft?
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