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F r i e d r i c h S c h i l l e r :
Es schwinden jedes Kummers Falten, /
so lang des Liedes Zauber walten.
ohne Sinn und Wert! Nämlich eine Stunde nach der Operation wollte er schon wissen, ist es wahr, stimmt
es, so seine bange und etwas stotternd gestellte Frage an die Umstehenden:
"Kann ich auch wieder singen?"
Gott sei Dank, seine Frau war bei ihm - sowieso sei ihr dies gedankt! Es war wirklich lieb von ihr, er freute
sich - so sehr er sich in diesem Zustand freuen konnte. Sie war es, die seine Frage verstanden hatte; sie
wusste, worum es ihm ging. Etwas verschämt beantwortete sie ihm seine Frage, wohl bedenkend, dass
beistehende Schwestern sich die Bedeutung des ihm wohl doch viel Bedeutenden nicht so ganz
nachvollziehen konnten. Was hat er gesagt, was will er jetzt schon ? So die Reaktionen der Umstehenden,
als seine Frau ihm etwas flüsternd, doch deutlich vernehmbar zusprach:
JA, Du kannst!
Es muss für ihn erlösend gewesen sein, sich zu dieser Frage etwas aufgerückt zu haben und dann diese
Antwort . . . J A ! Ein Stein muss ihm vom Herzen gefallen sein, denn niemals zuvor hatte ihn ein JA von
seiner Frau so beruhigt, so zufrieden gestellt, so gefreut, ihn aller Sorgen scheinbar entledigt! Dieses J A ...
!
(Später erzählte er, dass ihm das JA seiner Frau vor Jahren vor dem Traualtar auch sehr beruhigt habe, ihn
gefreut habe - aber immerhin, damals habe er dieses JA nicht unter Narkose gehört. Hier sei das was
anderes, etwas schon Außergewöhnlicheres! Man sei damals mehr darauf gefasst gewesen!)
Mehr sprach er nicht, wollte nicht mehr hören, schon gar nichts sehen, er war zufrieden mit sich und der
Welt – nach diesem JA. Ruhig schlief er wieder ein, die Narkose wirkte ja noch, nach dieser Fragestellung
und der Antwort darauf wieder, er hatte erreicht, gehört, was er wollte. Er schlief, bis ihn die
Narkosewirkungen mehr und mehr verließen, sich Kopfschmerzen einstellten, durch die Operation
entzündete Stellen Fieber verursachten und erst, als er von der Frage, die ihm so wichtig war, bejaht zu
werden, nichts mehr wusste. Denn: seine Frau hatte ihn später über diesen Vorfall aufgeklärt.
Heute denkt er anders darüber, ob ihm die Musik, der Gesang wichtig war und ist. Singen tut er immer
noch, nicht so sehr in der Öffentlichkeit, aber oft vor sich hin, in seinen Räumen - der Räume sind viel ! -
und . . . . . . . . es erfüllt ihn in diesen seinen Räumen a u c h s o ! Wohl, weil es ihm
doch wichtig ist, das Singen - dem Guillermo! . .
Wilhelm Gelhaus
Orchideenstraße 7 ~ 49661 Cloppenburg
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