Page 26 - 10000 BUCH-Arien-Lieder-Gedichte-Geschichten-Gesamtwerk-000
P. 26

F r i e d r i c h                            S c h i l l e r :
                                              Es schwinden jedes                           Kummers Falten, /
                                                so lang des Liedes                          Zauber walten.




           Und Guillermo tat es, er nahm diesen Unterricht und nimmt ihn immer noch. Aber interessieren tue ihm die
           Musik, der Gesang, eigentlich gar nicht so sehr, sagte er hier und da, hinter vorgehaltener Hand oder rein
           heraus. War das nun glaubwürdig, konnte man ihm trauen, meinte er das wirklich so wie er das sagte? War
           der Gesang, der Unterricht für ihn nur so ein Zeitvertreib? Man wusste es nicht so genau, bis, ja bis man
           folgendes erzählte:

           Guillermos Allergie quälte ihn immer mehr, ein Aufenthalt auf einer nordfriesischen Insel, auf der er auch
           seine Frau – sie ist`s immer noch! - kennengelernt hatte, half ihm auch nicht: täglich drei mal musste er
           seine Nasen von innen mit Spray, das auch Kortison enthielt, besprühen. Es wurde immer schlimmer, eine
           Operation  zur  Entfernung  von  Polypen  und  zur  Reinigung  seines  inneren  Vorderkopfes  wurde
           unumgänglich. (Als er erzählte, was man alles aus seinem Vorderkopf an Unrat herausgeholt habe, und
           das, er habe es vorher nicht gewusst, jetzt wohl eine ziemliche Leere in seinem Vorderkopf vorhanden sei,
           sagte mancher, man habe schon immer den Eindruck der Leere in seinem Vorderkopf gehabt; bei Tenören
           sei das nun mal so, so viel hätten die ohnehin nicht im Kopf; damit müsse er sich abfinden, diese Umstände
           seien allgemein bekannt.)

           Es wurde operiert. Guillermo das erste Mal in seinem Leben auf einer Operationsbank! Es vergingen die
           üblichen Ängste, 4 Stunden im Krankenhaus bis zum Beginn des dann Nichts-mehr-Merkens, eine Spritze
           zum  Wohlbefinden  vorweg,  Herzklopfen  bis  zum  geht  nicht  mehr  ,    k  l  a  c  k  s  ,    von  den  Beinen
           aufsteigend ein Schweregefühl, weg war er . . .

           In den Tagen davor war ihm schon durch den Kopf, den noch mit Unrat vollen Kopf gegangen: hat das
           Ganze wohl Auswirkungen auf den Gesang, könne er hernach noch singen, noch so gut singen wie zuvor?
           Ein wenig Ängste stellten sich schon ein, nicht nur des Singens wegen, aber auch deswegen. Denn: die zur
           Zeit aushilfsweise tätige Gesanglehrerin meinte d a s : Es könne nachteilige Auswirkungen auf das Singen
           haben.  Doch  verdrängte  er  diese  Fragen  letztlich.  So  sehr  läge  ihm  nun  doch  nicht  an  der  Musik,  dem
           Gesang. Dies` ging ihm durch den besagten Kopf.   O d e r ?

           Guillermo hatte lange, relativ lange nach der Operation mit sich zu kämpfen, mit seinem Zustand, ihm war
           gar sehr übel. Die Übelkeit dauerte von einem Mittwochnachmittag etwa 14.30 Uhr bis in die Nacht hinein.
           So richtig wachte er aber oder Gott sei Dank vor der Nachtzeit nicht auf, so ganz war er bis dahin nicht bei
           sich. Fieber und, wenn er wach war, plagten ihn Kopfschmerzen, er hatte Angstgefühle. Gewohnt war er
           nicht, nur durch den Mund zu atmen; vor allem jetzt, da er es musste, war ihm dieses fremd, steigerte es
           sein Angstgefühl. Gut, dass er eben doch in den ersten Stunden nach der Operation noch nicht so richtig
           wach war, er immer zwischendurch einschlief, er seinen Zustand nicht immer, und wenn ja, dann nicht voll
           spüren konnte. Kurz noch der Operation regte er sich, drehte seinen Kopf zu seiner Frau - und . . . . .

           Es musste ihn wohl mehr beschäftigt haben, als er vorher zugeben wollte. Trotz noch wirkender Narkose
           brach es aus ihm heraus, er wollte es wissen, es ließ ihm keine Ruh, selbst in diesem Zustand nicht. Mein
           Gott,  musste  es  wichtig  für  ihn  sein,  so  wichtig,  man  konnte  meinen,  sein  Leben  hänge  daran,  ein
           Aufwachen ohne eine gewisse Erkenntnis, ohne ein gewisses Wissen sei für ein Gräuel, ein Leben fortan





                                                      Wilhelm  Gelhaus

                                           Orchideenstraße 7  ~  49661 Cloppenburg

                                                                                                                  25
   21   22   23   24   25   26   27   28   29   30   31