Page 124 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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hervorgerufen durch die verlorenen Seelen der Superrei-
         chen,  die  auf  Rettung  warten,  dass  sich  der  Kreis  der
         Familie wieder schließen darf. Wir aus den Slums heißen
         alle  Schichten  bei  uns  willkommen,  ich  heiße  euch  alle
         schon jetzt herzlich willkommen mit Tränen in den leuch-
         tenden  Augen.  Kommt  in  unsre  Mitte,  ihr  seid  ein  Teil
         von uns, den wir schon lange verloren glaubten, wir lie-
         ben  euch,  seid  herzlich  willkommen!  Erde  zu  Erde  und
         Staub  zu  Staub,  die  Kinder  des  verlorenen  Lichts,  wir
         armen  Menschen  heißen  euch  herzlich  willkommen,
         denn  den  Kreis  des  Lichts  kann  niemand  jemals  unter-
         brechen, das ist auch unsere Rettung, gemeinsam. Meine
         Mutter besaß ein kleines Zimmer und hieß uns sehr herz-
         lich  willkommen,  sie  hatte  eine  sehr  einfache  Einrich-
         tung,  aber  sehr  liebevoll  gestaltet,  sowie  Doudou,  eine
         wilde Katze. Dafür besaßen sie und die anderen Bewoh-
         ner  einen  wundervollen  Berater  und  Betreuer,  Denis
         Hernandez, eine sehr liebevolle und menschliche Person.
         Als  meine  Mutter  die  Tür  öffnete  nach  47 Jahren,  da
         umarmte ich sie ganz sanft und intensiv, ich roch an ih-
         rem Hals und nahm den Duft nach so langer Zeit wieder
         mit  sanften  Klängen  in  mich  auf.  Meine  Mama  öffnete
         einen  Champagner.  Auch  wenn  sie  nie  mit  Reichtum
         übersät  war,  wollte  sie  uns  mit  Biskuits  und  anderen
         Süßigkeiten  überschwemmen,  oh  Mama,  dieser  Augen-
         blick  nach  47 Jahren  war  so  schön  traurig,  wir  wussten
         vor lauter Überwältigung im ersten Augenblick gar nicht,
         wie reagieren, ein jahrzehntelanger Herzenswunsch war
         in  Erfüllung  gegangen!  Uns  verband  ein  unsägliches
         Trennungstrauma,  aber  dieser  Moment  war  so  etwas
         spezielles, er wurde in unserem gemeinsamen Unterbe-
         wusstsein gespeichert, wie ein Regenbogen am Ende des



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