Page 130 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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gemacht und nebenbei wurden mir einige Fotos von ATD
vierte Welt zugesandt, dafür ließ ich ihnen gerne ein
Paket mit Schweizer Schokolade zukommen. Aber einem
Menschen wie mir, der sich bis zurück in den Mutter-
bauch erinnern kann, dem kann man nicht den Weg zei-
gen auf der verbrannten Erde der Gefühle! Man kann
einen Menschen aus den Slums nicht so schnell täuschen
oder gewollt/ungewollt über den Tisch ziehen. Im Camp
Noisy le grand lernte ich auch Abbé Pierre kennen, sowie
den liebevollen und ewig um Recht kämpfenden Père
Joseph Wresinski. Père Joseph war eher ein Mensch nach
meinem Geschmack und er wusste, was er tat. Er war
wie wir, er gehörte zu uns wie das tägliche Brot. Einfach
ein richtiges Juwel, mit oder ohne Kirche. Wenn du Hun-
ger hast, interessiert dich die Kirche nur sekundär. Aber
der Mensch steht nicht im Vordergrund, darum lassen
wir das ganze Thema lieber. Nicht wir haben Jesus ans
Kreuz gebracht, um dauernd Busse zu tun, nebenbei liegt
das Thema doch fast 2000 Jahre zurück. Also, was soll
das ganze Geschrei um Wiedergutmachung und Schuld-
zuweisung! Bevor ich in die französische Armee einrü-
cken musste im Jahr 1980, beorderte mich der Konsul auf
das Konsulat. Er fragte mich so nebenbei, Monsieur
Grassart, Ihr Vater will nicht, dass Sie seinen Namen tra-
gen. Wenn Sie damit einverstanden sind, dürfen Sie sich
einen Namen aussuchen, den sie wollen, oder was ist
Ihre Forderung! Ich sagte ihm wortwörtlich, eine Million
Dollar. Das hat sich Ihr Vater gedacht, sagte der Konsul,
damit ist er nicht einverstanden. Ich musste meinen Pass
abgeben und mich an der Grenze melden, um in die Ar-
mee einzurücken. Mir tat es einfach weh, dass mein Va-
ter mich dauernd beobachtete, aber sich nie bei mir per-
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