Page 64 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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Art.  Nachher  hatte  ich  überall  Konfitüre  im  Gesicht.
         Plötzlich sagte mir die reiche Schöne: Michel, schau mal,
         wie dein Bruder isst, und schau mal, wie du isst – du bist
         doch kein Schwein! Wir haben Manieren und du nicht!
         etc. Das war mein letzter Auftritt bei dieser Gastgeber-
         familie. Später kam einmal mein Bruder völlig verzweifelt
         zu mir und bat mich um Hilfe, denn er sei gerade wieder
         bei  dieser  reichen  Schönen  eingeladen,  aber  er  hätte
         keinerlei Geschenke. Ich überlegte nicht lange, denn ein
         Elefant  vergisst  niemals,  was  ihm  angetan  wurde.  Ich
         erinnerte mich  an  den  Brunch  und  erklärte  ihm:  Weißt
         du, P. Frauen lieben Blumen über alles. Aber woher be-
         komme ich denn Blumen, war seine Frage? Ich erklärte
         ihm: Es gibt doch überall Blumenbeete mit Tulpen drin.
         Oh ja, das sind ja ihre Lieblingsblumen, ließ er verlauten.
         Ich erklärte Ihm: Bei den Reichen in der Umgebung hat
         es immer genug Tulpen, und denen fällt das nicht beson-
         ders auf, wenn du ein paar abschneidest. Schneide aber
         für sie nur die Tulpenköpfe ab, und so viele du kannst,
         und bringe sie ihr. Dafür wird sie dich ewig lieben. Aber
         vergiss nicht, das Messer und eine Tasche mitzunehmen.
         Daraufhin schnitt mein Bruder in einem Garten der Milli-
         onäre alle Tulpenköpfe ab, oh war das ein Desaster und
         Wehklagen in dieser wohlhabenden Gemeinde. Natürlich
         kam  es  sofort  dem  Pfarrer  zu  Ohren.  Der  fand  das  so
         amüsant, dass er es gleich mit in die nächste Predigt ein-
         bezog, aber es war laut seiner Aussage vor der versam-
         melten Kirchgemeinde der Streich meines Bruders gewe-
         sen  und  nicht  meiner.  Dennoch  fühlte  ich  mich  pudel
         wohl,  auch  trotz  der  verlogenen  Predigt.  Dann  war  da
         noch die Bäckerei mit diesen nie endenden Süßigkeiten,
         die  wir  aus  dem  Armenviertel  keineswegs  kannten.  Da



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