Page 61 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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Innern sollte ihr stetiger Begleiter sein. Das wollte und
konnte ich nicht hinnehmen, ich wollte, dass meine Seele
etwas wie eine kleine Kerze, ein stetiges Leuchten in sich
trug und wuchs. Ich konnte dem Leben bis jetzt noch
nicht viel Schönes abgewinnen an Wahrheit und Gerech-
tigkeit. Darum wünsche ich mir mal ein Licht am Hori-
zont, das für alle und mich Wärme, Geborgenheit und
Verständnis ausstrahlt, damit wir unseren Seelenfrieden
finden. Mein Herz begleitet ein ewiger dumpfer Schmerz,
dem ich aber seit meiner Kindheit vehement gegenüber-
trete, um ans Licht zu gelangen. Dennoch versuchte ich
oft, wie ein Ertrinkender immer an der Oberfläche zu
bleiben, ein Ästhet der Schöpfung aller Art, freue mich
auf die Zukunft, freue mich aber auch, eines Tages ins
Licht gehen zu dürfen. Ein Mensch von Traurigkeit – nein,
jedes Lächeln, jede ernstgemeinte Umarmung und Anhö-
rung gibt mir immensen Auftrieb weiterzumachen, wei-
terzukämpfen. Ich bin oder wurde mir auch bewusst: Ich
kann nicht die ganze Welt retten, aber die wenigen Men-
schen, die an Gerechtigkeit glauben, geben mir tagtäglich
immensen Aufschub, um weiterzumachen, aber speziell
den inneren Glauben an mich selbst. Mein Buch versteht
sich auch als Sprachrohr der Armen. Ich wünsche mir, die
Lebensbedingungen und Ausbildungsmöglichkeiten, aber
speziell die weltweite Anerkennung für die Unterprivile-
gierten sofort, und nicht erst in 10 Jahren zu verbessern.
Die Slums wachsen schneller als die Pilze auf nahrhaftem
Waldboden. Kinderrechte werden täglich weltweit miss-
braucht, und das immer schneller. Wieso stagniert die
internationale Hilfe? Wieso lässt man die Gelder national
und international brachliegen? Gebt den Armen, den
Kindern, endlich einen Hoffnungsschimmer, lasst ihnen
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