Page 58 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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Auch spürte ich oft, wenn ein Patient kurz vor dem Tod
         war, da musste ich wegbleiben, denn ich roch den Tod
         immer zum Voraus. Eines Tages kam der Pfarrer zu mir
         als ich gerade Lehrling war und erklärte mir, Michel ich
         habe noch eine sehr schwerwiegende Patientin, ich will
         dass  du  Sie  besuchst  und  Ihr  Beiseite  stehst,  vielleicht
         kannst  du  Sie  heilen.  Ich  besuchte  Sie  und  nach  zwei
         Stunden verließ ich Sie wieder. Zwei oder drei Tage spä-
         ter rannte mir der Pfarrer nach und fragte mich, Michel
         was hast du unternommen, diese Frau ist gesund und hat
         jetzt  sogar  Ihr  Selbstvertrauen  zurück  und  dazu  noch
         einen Freund. Ich konnte Sie über zehn Jahre nicht hei-
         len,  was  hast  Du  gemacht!  Ich  sagte  Ihm,  ich  habe  die
         Person geheilt, das sei jetzt aber mein Seelsorgegeheim-
         nis, mit einem schelmischen und endlos erlösten Lächeln
         ging ich meinen Weg.  Auch ich habe gewisse Kräfte und
         ein spezielles Einfühlungsvermögen, aber vor allem Ehr-
         lichkeit währt am längsten, natürlich nur solche mit Ein-
         sichtigkeit.  Ich  weiß  dass  man  Kraft  im  Leben  braucht,
         um den Weg zu sich selber zu finden, oft auch in Selbst-
         ironie. Dabei verhalf mir das innere Kind das ich Niemals
         aufgab, den gerechten Weg weiterhin zu beschreiten und
         niemals aufzugeben, aber da gab es auch Momente wo
         ich  mich  zurückziehen  musste,  um  Körper,  Geist  und
         Seele, wieder ins Lot zu bringen.  Dann hörte ich Musik
         spezieller  Art,  Soul  von  Solomon  Burke  –  A  Change  Is
         gonna come, ließ mich von der Natur, dem Kampfsport,
         sowie der Kunst inspirieren, diversen Schriftstellern wie
         Hemingway, Nagib Machfus, Khalil Gibran, Rafik Schami,
         Ghandi,  Jack  Davis  –  Aborigines.  Literatur  der  Armut,
         Kampf  ums  Überleben.  Die  Gedanken  schweiften  Rich-
         tung Nelson Mandela, Tibet, Burma, Mayas, Azteken und



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