Page 55 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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wie krank diese Frau ist, aber mein Bruder ging dann mit
          mir wieder weg vom Haus, bis sich die Situation beruhigt
          hatte.  Nach  zwei  oder  drei  Stunden  rief  dann  die  Frau
          Pfarrer  nach  uns  und  sagte,  ihr  Lieben,  jetzt  dürft  ihr
          reinkommen  und  auch  ein  Abendbrot  oder  was  noch
          übrig  ist,  zu  Euch  nehmen,  die  Situation  hat  sich  beru-
          higt.  Gott  segne  diese  Familie.  Oft  mussten  wir  noch
          einiges  an  Beschimpfungen  über  uns  ergehen  lassen,
          aber alle schwiegen, was kann man denn von einem Pfar-
          rer  verlangen,  von  Gott  auserwählt.  Denn  die  Mutter
          vom Pfarrer brachte nebenbei oft auch noch Fleisch und
          Patisserie mit für Ihre Auserwählten, somit wollte sie Sie
          beschenken  und  ihnen  den  Segen  erteilen.  Oft  brachte
          auch der Bruder vom Pfarrer diverse Sachen mit, aber Er
          war  auch  ein  leidenschaftlicher  Fischer  und  besaß  ein
          gutes  Herz,  somit  bekamen  wir  Abwechslung  im  Som-
          mer, wir machten dabei öfters Wettfischen. Oft gewann
          ich, denn irgendwie spürte ich wo die Fische waren. Als
          der  Bruder  vom  Pfarrer  starb,  liefen  mir  Tränen  runter
          und  ich  war  irgendwie  traurig,  dass  ein  so  liebevoller
          Mensch  aus  unserem  Leben  geschieden  war.  Bevor  Er
          starb, hatte er mir noch gewisse Sachen der Pfarrfamilie
          anvertraut  und  entschuldigte  sich  zutiefst,  wie  später
          auch seine Söhne und die jüngste Tochter der Pfarrfami-
          lie. Das tat meiner verwundeten Seele echt gut, lieber zu
          spät als nie, dachte ich. Nebenbei mussten wir Schnee-
          schaufeln  und  sonstige  anfallenden  Arbeiten  erledigen,
          Holzhacken oder immer auf Trab sein irgendwelcher Art.
          Es hieß auch oft, jetzt müsst Ihr euch selber beschäftigen,
          geht ein wenig weg vom Ferienhaus, damit wir die Ruhe
          genießen  können.  Wir  mußten  das  frische  Gras  schnei-
          den, auch das Heu einholen, Holz sammeln wie Knechte



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