Page 54 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
P. 54

musste im Schnee so lange mein Leintuch reinigen bis es
         sauber war oder im eisigen Wasser mit Seife spülen, aber
         oft  empfand  ich  durchs  Bettnässen,  das  es  die  einzige
         Wärme war, die ich im Leben  bekam. Eines Tages muss-
         te  ich  einige  Stunden  mit  dem  verpissten  Leintuch  im
         Gang stehen bleiben, bis es trocken war, im Ferienhaus
         hatte es zu dieser Zeit drei Parteien und alle liefen an mir
         vorbei,  die  meisten  begrüßten  mich  mit  Hallo  Michel.
         Wenigen  war es auch peinlich, wie sah es denn in mir
         aus. War das ein Segen und wie es roch, danach machte
         ich nach ein paar Anläufen nicht mehr ins Bett. Man be-
         kämpft  das  Trauma  mit  Trauma.  Immer  in  den  Ferien
         allgemein mussten wir uns dann irgendwie verkriechen,
         wenn  die  heilige  Mutter  vom  Pfarrer  erschien.  Denn
         kaum waren wir zwei in Ihrem Blickwinkel geraten, ging
         der Hagel an Beschimpfungen los. Der böse Blick wie von
         einer tollwütigen Krähe war gegen uns gerichtet, mit den
         Worten: Ich verstehe nicht warum mein geliebter Sohn
         und das werde ich Ihm auch nie verzeihen, wie Er dazu
         kam, Euch die letzte Ausgeburt der Hölle in unsere Fami-
         lie zu holen und nicht verrecken ließ, im Slum von Paris.
         Ihr  verdammten  und  schlimmster  Abschaum  der  Hölle,
         euch in die Schweiz zu holen war das dümmste was er je
         tat. Ihr dürft die ganze Zeit draußen bleiben und von mir
         aus auch verrecken, euch sollte man im See ersäufen und
         ich würde noch in die Hände klatschen, ihr bekommt rein
         gar nichts von dem was ich mitgebracht habe. Und dann
         spuckte  Sie  uns  entgegen  und  verschwand  im  Ferien-
         haus. Mein Bruder traf es immer besonders schwer, aber
         was sollte ich tun, wir hatten ja keinerlei Unterstützung.
         Somit  beruhigte  ich  Ihn mit  sanften  Worten  und  sagte,
         mein lieber Bruder nimm es  nicht so schwer, du weißt ja



         54
   49   50   51   52   53   54   55   56   57   58   59