Page 38 - 00 Energiestrategie 2050 Gesamtdokumentation 1.pdf
P. 38

Wie eingangs erwähnt, ist die Schweiz physisch stark ins europäische
              Verbundnetz integriert. Bisher waren auch Stromimporte ausreichend verfügbar.
              Doch die Rahmenbedingungen haben sich geändert:


                Drohende Winterstromlücke: Im Winter ist die Schweiz stets auf Stromimporte
                angewiesen. Viele neu installierte Wärmepumpen und die zunehmende

                Elektromobilität verschärfen die Situation im Winter künftig noch. Zur Deckung
                der drohenden Winterstromlücke kann die Schweiz nicht länger auf Importe aus
                der EU setzen. Einerseits fehlt ein Stromabkommen mit der EU. Andererseits
                steuern die meisten europäischen Länder – wegen der Stilllegung von

                Kernkraftwerken und dem baldigen Ausstieg aus der Kohlekraft bei
                fortschreitender Elektrifizierung – ebenfalls auf eine Winterstromlücke zu.


                Erschwerte Stromzusammenarbeit mit der EU Mit dem Abbruch der
                Verhandlungen über ein institutionelles Abkommen mit der EU ist auch ein
                Stromabkommen in weite Ferne gerückt. Ohne Stromabkommen mit der EU kann
                die Schweiz als Drittland weder bei der Festlegung der europäischen Strom-

                Binnenmarkt-Regeln mitreden, noch kann sie in den Entscheid-Gremien der EU
                Einsitz nehmen. Von den Strommarktmechanismen und Marktplattformen ist die
                Schweiz zunehmend ausgeschlossen. Zudem müssen bis spätestens Ende 2025
                alle europäischen Übertragungsnetzbetreiber mindestens 70 Prozent der

                grenzüberschreitenden Kapazitäten für den Handel zwischen EU
                Mitgliedstaaten freihalten. Aus Sicht der EUKommission dürfen unsere
                Nachbarländer die Handelskapazitäten mit der Schweiz nicht zu den 70 Prozent
                anrechnen. Damit droht die Gefahr, dass die Schweiz deutlich weniger Strom

                importieren kann. Als Folge der Zunahme des Handels innerhalb der EU können
                die ungeplanten Stromflüsse durch die Schweiz zunehmen und die Netzstabilität
                gefährden. Schon heute spricht die Swissgrid – die Schweizer
                Übertragungsnetzbetreiberin – von einem zunehmenden Systemstress durch

                unkontrollierte Stromflüsse.

                Schleppender Ausbau der Erneuerbaren: Seit der Volksabstimmung im Mai

                2017 ist der geplante Ausstieg aus der Kernenergie und den Ausbau der
                erneuerbaren Energien beschlossene Sache. Aber der Ausbau der Erneuerbaren
                verläuft hierzulande nur schleppend. Obwohl die Schweiz die im Energiegesetz
                für das Jahr 2020 verankerten Richtwerte für den Ausbau der Stromproduktion

                aus erneuerbaren Energien erfüllt, ist eine Stärkung dieser Technologien –
                insbesondere der Photovoltaik – dringender denn je, damit langfristig keine
                Stromlücke droht.


              Eine erst kürzlich publizierte Analyse im Auftrag des Bundes kommt zum Schluss:
              Die Versorgungssicherheit der Schweiz ist dann gefährdet, wenn mit der EU
              keine Lösung gefunden wird und auch die inländische Stromproduktion nicht

              ausgebaut wird. Priorität habe der Abschluss von privatrechtlichen technischen
   33   34   35   36   37   38   39   40   41   42   43