Page 95 - Selbstaufopferung und intelligente Verhaltensmuster bei Tieren
P. 95

Die Opferbereitschaft von Tieren Innerhalb der “Familie”

             nommen haben. Denn normalerweise fangen Raubtiere ihre Beute von hinten.
             So gut es geht, versucht die Gazellenmutter ihrem Jungen dicht auf den Fersen
             zu bleiben. Wenn das Raubtier näher kommt, entfernt sich die Mutter von den
             Kleinen. Eine Gazelle, die hinter ihrem Jungen herläuft, kann mit ihren Hufen
             einen Schakal treten. Oder sie läuft absichtlich in der Nähe des Raubtieres, um
             es von der Fährte des Jungtiers abzubringen. 84
               Einige Säugetiere sind auch aufgrund ihrer Färbung getarnt. Aber einige
             davon brauchen dafür die Anleitung der Mutter. Ein solches Tier ist das Reh.
             Die Rehmutter verwendet die Tarnung des Kitz zu dessen Vorteil. Sie versteckt
             es im Gestrüpp und sorgt dafür, dass es sich duckt. Das Rehkitz hat weiße
             Flecken in seinem braunen Fell, die sich mit dem Sonnenlicht vermischen und
             so ist es von weitem unsichtbar. Die weißen Flecken werden wie
             Sonnenstrahlen, die in das Gestrüpp einfallen, wahrgenommen. Selbst ein
             Feind, der nur einige Meter an dem Kitz vorbeistreift, kann es so nicht ausma-
             chen. Die Rehmutter beobachtet das Versteck ihres Jungen aus einigen Metern
             Entfernung heraus. Dabei achtet sie darauf nichts zu unternehmen, was die
             Aufmerksamkeit auf das Junge lenken könnte. Nur um es zu säugen geht sie in
             die Nähe von ihrem Kitz. Bevor sie in den Wald zurückkehrt, stupst sie das
             Kleine mit der Nase, damit es sich wieder flach auf die Erde duckt. Selbst wenn
             das Kitz sich manchmal aufstellt, so legt es sich beim geringsten Geräusch wie-
             der auf den Boden. Bis es mit der Mutter mitlaufen kann, tarnt es sich auf diese
             Art. 85
               Einige Tiere drohen den Angreifern und fliehen in eine Richtung, die von
             den Jungen wegführt. Eulen und andere Vogelarten spreizen ihre Flügel, wenn
             Feinde sich nähren, um größer zu wirken und dadurch den Angreifer in die
             Flucht zu schlagen. Einige Vögel imitieren auch das Zischen einer Schlange,
             um Angreifer zu verjagen. Die Blaumeise pfeift in einem hohen Ton, breitet
             ihre Flügel aus und haut damit gegen das Nest. Der Angreifer weiß so nicht
             genau, was sich im Inneren des dunklen Nestes befindet und entfernt sich. 86
               In Vogelkolonien sind die Erwachsenen mit dem Schutz der Jungvögel be-
             traut. Für solche  Vogelkolonien stellen besonders Möwen eine Gefahr dar.
             Doch ein oder zwei ausgewachsene  Vögel können eine Möwe vertreiben.
             Normalerweise wechseln sich die erwachsenen  Vögel mit dem Schutz der
             Jungen ab und verlassen das Brutgebiet, um zu den weiter entfernten
             Wassergebieten zu fliegen. 87
               Wenn ein Hirsch erkennt, dass er es mit einem Feind nicht aufnehmen kann,



                                             93
   90   91   92   93   94   95   96   97   98   99   100