Page 77 - Untergegangene VölkerDie Unvernunft der Gottlosigkeit
P. 77
Die moralischen Werte der Ignoranz 75
kümmern. Es mag gelegentlich vorkommen, dass man jemandem
eine kleine Gefälligkeit erweist, doch die Ignoranz erfordert, dass
dies nicht zur Regel wird. Aufgrund dieser Anschauung werden
ignorante Leute rücksichtslos und egoistisch. Ein egoistisches
Bewusstsein wird Kindern schon im frühesten Alter von ihren
Eltern eingegeben. Die Weigerung der Kinder, ihre Lieblingsspiel-
zeuge, Essen oder die Zuneigung von Familienangehörigen zu tei-
len, ist das erste Anzeichen dieser Haltung. Später im Leben wird
diese negative Einstellung durch unmenschliche und unbedachte
Manieren weiter gefestigt.
Ein egoistischer Mensch denkt nur an sich selbst. Die
Bedürfnisse und Probleme anderer bekümmern ihn niemals. Wenn
er neben einem hungrigen Menschen sitzt kann er sich einer üppi-
gen Malzeit erfreuen, ohne dass es ihm je in den Sinn kommt, diese
mit seinem Nächsten zu teilen. Wenn er krank ist, lässt er sich selbst
die beste Pflege zukommen, doch er versäumt es, sich um einen
anderen kranken Mitmenschen zu sorgen. Er gibt vor, einen
Bekannten, der triefend nass auf der Straße im Regen steht, nicht zu
erkennen, da er besorgt ist, die Sitze seines Wagens könnten nass
werden, wenn er ihm anbieten würde, ihn mitzunehmen.
Jemandem, der vor oder neben ihm hinfällt, weicht er nur einfach
aus.
Auch in Notsituationen, die promptes Handeln erfordern, legen
die ignoranten Leute ein unmenschliches Verhalten an den Tag. Sie
weigern sich z.B. für einen Verletzten, der es dringend erfordert,
Blut zu spenden.
In der Religion jedoch werden Egoismus, Selbstsucht und
Unmenschlichkeit durch Mitleid und rücksichtsvolles Verhalten
ersetzt. Wo immer Not an Mann ist, stellt sich ein Gläubiger zur
Verfügung. Ein Hilferuf wird sofort erwidert, und ein gläubiger