Page 85 - Der Darwinismus als soziale Waffe
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Harun Yahya






             senschaftlichen Primitivismus tätig waren und eine Gehirnwäsche im Geist des Materialismus durchlaufen hat-
             ten.
                 Undurchdacht und vorurteilsbeladen, wie er war, vertrat Galton noch weitergehende waghalsige Thesen.
             Zum Beispiel forderte er, dass alle Individuen einer Gesellschaft mit zu geringer Intelligenz daran gehindert wer-
             den sollten, sich zu vermehren, während man die Intelligenteren dazu ermuntern solle - all das, um den
             gesellschaftlichen Fortschritt zu fördern. Andernfalls käme es zum gesellschaftlichen Kollaps. Offensichtlich ist

             es in Wirklichkeit genau umgekehrt: Zu einem gesellschaftlichen Kollaps kommt es nämlich genau dann, wenn
             die Forderung Galtons und seinesgleichen verwirklicht werden. Denn sie laufen hinaus auf Massaker, Gewalt
             und Krieg. In einem Vortrag am Huxley Institute im Jahr 1901 behauptete Galton: “Das Denkvermögen unserer
             Nation liegt in unseren höheren gesellschaftlichen Klassen.“        111  Keineswegs überraschend forderte er deshalb,
             dass Kinder aus diesen Klassen identifiziert und ihre Familien für sie mit 1000 Pfund belohnt werden sollten.
             Weiter schlug er vor, dass Frauen aus der Oberschicht mindestens eine weitere Tochter und einen weiteren Sohn
             gebären sollten. 112
                 Galtons Überzeugung, dass eine Vergrößerung der Oberschicht zu sozialem Fortschritt führen würde, war
             unlogisch und unwissenschaftlich. Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die dies bewirken. Die wichtigsten sind

             jene moralischen Werte und Tugenden, mit denen die Gesellschaft wirklich aufwächst und lebt. Nur eine
             Gesellschaft, deren Mitglieder über klare moralische Werte und Tugenden verfügen, wird sich schnell und dauer-
             haft entwickeln. Derartiges ist jedoch nicht genetisch übertragbar. Wenn jemand möchte, dass sich seine
             Gesellschaft nach vorn entwickelt, muss er seine Aufmerksamkeit der geistigen Stärkung der Individuen widmen
             und zwar durch verschiedene kulturelle und erzieherische Maßnahmen. Galton und seinesgleichen jedoch woll-
             ten die Anzahl der Reichen steigern und jene der Armen senken, indem sie menschliche Wesen buchstäblich als
             Tiere behandelten in all jenen Ländern, wo sie Einfluss hatten. Dabei schreckten sie nicht zurück vor

             entsprechend begründeten Morden und unvorstellbarer Grausamkeit und unbeschreiblicher Ignoranz.
                 Auf Galtons Vorschlag hin begann die Verwirklichung der Eugenik in Großbritannien mit der
             Geburtenkontrolle. Diese Maßnahme zielte jedoch ausschließlich ab auf Angehörige der sozialen Unterschicht
             und Angehörige der angeblich minderwertigen Rassen.
                 In den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts galt die Tatsache, dass die Größe der Unterschicht stieg,
             während die der Oberschicht sank, als Bedrohung. Im Jahr 1925 schrieb deshalb Julian Huxley im Magazin
             Nature:

                 “Der  Anteil der Erwünschten sinkt, der  Anteil der
                                                                                                   Galton macht eine unlogische und er-
                 Unerwünschten steigt. Wir müssen diese Situation in
                                                                                                     folglose Studie, um die allgemeinen
                 den Griff bekommen.“    113                                                      genetischen Merkmale von Kriminellen
                                                                                                     auf Grund von Fingerabdrücken und
                 Den Eugenikern zufolge war der erste Schritt,
                                                                                                              Gesichtsform festzustellen.
             um ein Gleichgewicht zwischen “Erwünschten“
             und “Unerwünschten“ herzustellen, die sogenan-
             nte Rassenhygiene. Zunächst ging es darum, zu
             definieren, wo Rassenhygiene angebracht war
             und wo nicht. Es wurde dabei zu schier

             unglaublichen        Kriterien      gegriffen.      In
             Großbritannien und den USA begann man damit,
             die Schädelgröße zu vermessen. Unter Galtons
             Federführung versuchte man daraus auf den
             Intelligenzgrad der Betroffenen zu
             schließen. Wie spätere wissenschaftliche
             Forschungen jedoch ergeben haben,

             besteht keinerlei Zusammenhang zwis-
             chen Schädelgröße und Intelligenzgrad.
                 Im       Anschluss         an      diese
             Schädelvermessungen          begann     man
             damit, Intelligenztests einzuführen. Je nach
             Ergebnis wurde entschieden, ob die betref-






                                                                                                                          Adnan Oktar    83
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