Page 389 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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weisesten und ausgezeichnetsten Bürger den Staat regieren (C. 34.): im
                Grunde aber habe doch die Monarchie das Meiste für sich (C. 35.): schon
                die Verfassung des Olymps spreche dafür, wo auch Jupiter an der Spitze

                der Götter stehe (C. 36.); ferner die treffliche väterliche Regierung der
                alten Römischen Könige (C. 37.); endlich der menschliche Geist selbst,
                in welchem die monarchische Herrschaft der Vernunft über die übrigen
                Seelenkräfte und Seelentriebe das Beste sey (C. 38.): sey es doch auch
                schon in einer Familie nicht gut, wenn mehr als Einer Herr sey (C. 39.),
                ja selbst im freien Rom erkenne man zur Zeit der Noth an, daß die
                Regierung Einheit (einen Dictator) haben müsse (C. 40.): ein guter

                König sey ein wahrer Vater seines Volkes (C. 41.). – Aber ein schlechter
                König sey Schuld am Uebergang der Verfassung in Optimatenherrschaft
                oder in Volksherrschaft; beide aber arten leicht aus (C. 42.). Schilderung
                der Uebel der Pöbelherrschaft (C. 43.); und wie sich aus ihr gewöhnlich
                die Herrschaft eines Tyrannen entwickelt (C. 44.). Resultat: die beste
                Verfassung ist eine aus monarchischem, aristokratischem und

                demokratischem Element gemischte (C. 45.): und eine solche sey in der
                Idee des Römischen Staates, den Scipio nun zu schildern verspricht
                (C. 46. 47.).


                                      Ueber die erste Lücke des Werkes,


                                          zum Theil nach Angelo Majo.


                Da dem Cicero sowohl wegen seines eigenen politischen Lebens, als
                wegen des Zweckes seines gegenwärtigen Werkes daran liegen mußte,
                daß Theilnahme an der Verwaltung des Staates als preiswürdig, ja als
                Pflicht des edlen und weisen Mannes anerkannt werde; so mag er wohl

                von dem Platonischen Gedanken ausgegangen seyn, den er auch in
                einem Briefe an seinen Bruder Quintus berührt (I, 1. 10.). »Jener Mann,
                sagt er, der an Geist und Kenntnissen Keinen über sich hatte, Plato, hatte
                die Ansicht: nur dann werden Staaten beglückt seyn können, wenn
                entweder die kenntnißreichen und weisen Männer an die Spitze gestellt
                würden, oder wenn Die, die an der Spitze stünden, mit allem Eifer

                darnach trachteten, kenntnißreich und weise zu werden.« Da aber
                mehrere Griechische Philosophen den Satz aufgestellt hatten, der Weise
                thue am besten, wenn er sich, ganz ohne alle Rücksicht auf äußere
                Lebensverhältnisse, der Wissenschaft widme und hingebe, und diese
                Ansicht sogar an dem Schüler des Aristoteles, dem Theophrastus, einen
                Vertheidiger gefunden hatte; so mußte Cicero hier diesen von ihm sonst






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