Page 20 - SELIGSPRECHUNG VON GALENS
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Anlage III
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Ein Antisemit und Kriegsfreund*
Kardinal Clemens August Graf von Galen (1878–1946) wurde am 9. Oktober in Rom selig
gesprochen. In seiner Person bündelt sich die Lebenslüge des deutschen Nachkriegskatholizismus.
Von Uta Ranke-Heinemann**
13. Oktober 2005
www.globale-gleichheit.de
„Die Lage war 1945 so heikel, dass nur ein gigantisches Verdeckungsmanöver das Gesicht des offiziellen
Christentums in Deutschland zu retten und wiederzugewinnen vermochte ... Im Schatten der Ruinen entstand
jenes mächtige Gebäude der Lebenslüge der deutschen Christenheit“, schreibt der katholische Wiener
Historiker Friedrich Heer. Die Rede ist von der Legende des kirchlichen Widerstands gegen das Naziregime,
speziell gegen die Judenvernichtung. Der katholischen Kirche der Nachkriegszeit gelingt es, aus der Not eine
Tugend erstehen zu lassen und durch ihre Selig- und Heiligsprechungen sich in den Mantel einer tapferen
Kämpferin gegen die Judenververfolgung zu hüllen.
Johannes Paul II. hätte nicht mit der Seligsprechung der unglücklichen Edith Stein, die persönlich jeden
Respekt und jedes Mitgefühl verdient, die Juden ins Gesicht schlagen müssen, da dieselbe Edith Stein ein
verirrtes und verwirrtes Opfer zwei Jahrtausende alter katholischer antijudaistischer Demagogik war, wenn
sie z.B. über die Reichspogromnacht von 1938 sagte: „Das ist die Erfüllung des Fluches, den mein Volk auf
sich herabgerufen hat.“ Sie machte sich damit zu einer Stimme mehr der christlich-antijüdischen
Diffamierung, die schon in den Evangelien beginnt und die die Christen 2000 Jahre lang an die Verfluchtheit
der Juden glauben ließ. Ihren eigenen Tod sah sie gemäß der gleichen Judendiffamierung als „Sühne für den
Unglauben“ ihres Volkes an. Die Christen haben zwar allen Grund, den Tod der Edith Stein zu beklagen,
aber sie haben kein Recht, sich Edith Stein als Heiligen-Krone ins Haar zu setzen.
Christlicher Judenhass
Und jetzt ist eine neue Seligsprechung in Aussicht, 22. Juni 1941 (anlässlich des Überfalls auf die
diesmal eines Mannes, der das Verdienst hatte, Sowjetunion) den ,Russenpakt‘, also den deutsch-
gegen die Tötung der Behinderten zu protestieren, sowjetischen Nichtangriffsvertrag vom 23. August
was lobend anzuerkennen ist: des Bischofs von 1939, für erloschen erklärt habe. Galen zitiert in
Münster, Clemens August Graf von Galen (1878– diesem Zusammenhang zustimmend Hitlers Wort
1946), der aber keineswegs ein von der ,jüdisch-bolschewistischen
Widerstandskämpfer gegen die Judenverfolgung Machtherrschaft‘ in Moskau.“ (Der Spiegel, 17.11.
war. "In einem Hirtenbrief vom 14. September 2003) Ein Widerstand von Galens gegen die
1941 übte er scharfe Kritik ... wie schon zweimal Judenvernichtung hat nie stattgefunden.
zuvor, an der Tötung von Geisteskranken. Die
mutige Tat sichert Galen bis heute Bewunderung. Wie war es möglich, dass Galen mit Hitler in dem
Weniger häufig wird ein anderer Passus aus dem Wort „jüdisch“ einen Negativ-Begriff sehen
gleichen Hirtenbrief erwähnt. Darin nannte es der konnte? Das war möglich, weil das Christentum,
Bischof von Münster eine ,Befreiung von einer um seine Ausbreitung im Römischen Reich nicht
ernsten Sorge und eine Erlösung von schwerem zu untergraben, die Kreuzigung Jesu nicht Pilatus,
Druck‘, dass ,der Führer und Reichskanzler‘ am sondern den Juden angelastet hat. Die
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