Page 21 - SELIGSPRECHUNG VON GALENS
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Passionsgeschichten der Evangelien sind politische      vorderasiatischen  Geschmeißes  und  Gewimmels
         Tendenzgeschichten, verfasst mit der Absicht, die       wirke.  In  der  Anerkennung  der  ungeheuren
         Christen  von  dem  Ruch  der  Staatsfeindlichkeit      Bedeutung  dieser  Festspiele  für  die  Aufklärung
         reinzuwaschen. Deshalb                                  auch aller kommenden Geschlechter sei er (Hitler)
                                                                 ein  absoluter  Christ.“  (zit.  n. Rolf  Hochhuth,  Der
         behaupten  die  Evangelien  wahrheitswidrig:  die       Stellvertreter,  Historische  Streiflichter,  1980,  S.
         Juden sind an allem Schuld. Nicht Pilatus (er und       247)
         seine Frau wurden später sogar heiliggesprochen),
         sondern  die  Juden  hätten  Jesus  umgebracht.  Die    Legendenbildung
         Juden seien die Feinde der Christen und nicht die
         Christen die Feinde der Römer.                          Die  Legende  vom  Widerstand  des  Bischofs  von
                                                                 Münster  gegen  die  Judenvernichtung  wird
         Für  den  Römer  Tacitus  (gest.  n.  115  n.  Chr.)    inzwischen  von  einer  anderen  Legende  gestützt.
         hingegen waren die Christen eine Sekte der Juden,       Von Zeit zu Zeit wird im Fernsehen ein Film über
         d. h. Römerfeinde und in die Aufstände verwickelt,      den  „Löwen  von  Münster“  gezeigt,  worin
         die zur Eroberung Jerusalems und zur Zerstörung         behauptet wird, die Tatsache, dass von Galen sich
         des  Tempels  durch  die  Römer  geführt  hatten:       nicht  gegen  die  Judenverfolgung  wandte,  sei
         „Dieser Name (Christen) stammt von Christus, den        dadurch  zu  erklären,  dass  „die  Juden  selbst  ihn
         der Prokurator Pontius Pilatus unter der Herrschaft     gebeten“  hätten,  sich  dazu  nicht  zu  äußern,  „um
         des  Tiberius  zum  Tode  verurteilt  hatte.  Dieser    Schlimmeres zu verhindern“. So z. B. im WDR am
         abscheuliche Aberglaube, der eine Weile verdrängt       12.  Dezember  1989  („Der  Löwe  von  Münster“)
         worden war, verbreitet sich nun von neuem, nicht        und  in  1Plus  am  22.  Juni  1991  in  der  Talkshow
         nur in Judäa, wo das Übel begonnen hatte, sondern       „Zeil um Zehn“. Dort erklärte Bischof Spital von
         auch  in  Rom,  wo  alles,  was  es  in  der  Welt      Trier,  dass  die  Juden  von  Galen  gebeten  hätten,
         Scheußliches       und      Schändliches      gibt,     nichts gegen die Judenvernichtung zu unternehmen
         zusammenströmt und zahlreiche Anhänger findet.“         oder zu sagen.
         (Annalen  15,  44)  Laut  Tacitus  wurde  Jesus  also
         von Pontius Pilatus zum Tode verurteilt. Nicht, wie     Eine  ähnliche  Behauptung  hatte  schon  1988  der
         es im Credo der Christen heißt: „gekreuzigt unter       Vorsitzende  des  Direktoriums  des  Zentralrats  der
         Pontius Pilatus“, so dass Pilatus nur als Zeitangabe    Juden  in  Deutschland,  Heinz  Galinski,  „scharf
         dient,  weil  die  eigentlichen  Schuldigen  laut       zurückgewiesen“.  Damals  hatte  der  Vorsitzende
         Evangelien die Juden waren.                             der   deutschen     Bischofskonferenz,    Bischof
                                                                 (inzwischen Kardinal) Lehmann, gesagt: Nach dem
         Übrigens,     Hitler   wurde    nahegelegt,    die      Novemberpogrom von 1938 hätten die Juden selbst
         Oberammergauer  Festspiele,  die  mit  den  Worten      die  Kirche  gebeten,  nicht  zu  scharf  zu  reagieren,
         der     Evangelien      das     Passionsgeschehen       um sie, die Juden, nicht noch mehr zu gefährden.
         nacherzählen,  abzuschaffen. Aber  Hitler erkannte,     Galinski  betonte:  Diese  Äußerung  von  Bischof
         dass diese Passionsspiele in seine Antisemitismus-      Lehmann  im  ARD-Fernsehmagazin  „Report“
         Propaganda     passten.   Er   sagte   1942,   die      entspreche  nicht  den  Tatsachen.  (Publik-Forum,
         Oberammergauer  Festspiele  müssten  unbedingt          18.11. 1988)
         erhalten  werden.  „Denn  kaum  je  sei  die  jüdische
         Gefahr  am  Beispiel  des  antiken  römischen           Zwar  sind  seit  dem  Holocaust  in  den  Augen  der
         Weltreiches  so  plastisch  veranschaulicht  worden     Christen die Juden nicht mehr als „Gottesmörder“
         wie  in  der  Darstellung  des  Pontius  Pilatus  bei   zu betrachten, aber der Satz: „um Schlimmeres zu
         diesen  Festspielen;  erscheine  dieser  doch  als  ein   verhindern,  hat  man  der  Judenvernichtung  nicht
         rassisch  und  intelligenzmäßig  so  überlegener        widersprochen“  taucht  ständig  auf.  Es  schwieg  ja
         Römer,  dass  er  wie  ein  Fels  inmitten  des         nicht  nur  von  Galen,  es  schwieg  auch  der  Papst.


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