Page 78 - Soziale Beziehungen, unter die Lupe genommen! 2019
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Die Perspektive des Patienten
Das Auftreten einer chronischen oder unheilbaren
Krankheit kann eine Flut von Gefühlen freisetzen. Die
Psychologin Elisabeth Kübler-Ross unterschied 1969
fünf Phasen psychischer Reaktionen auf den Gedanken
an den Tod
Verleugnung: »Das muss ein Irrtum sein«.
Wut: »Warum passiert das mir und nicht jemand ande-
rem? «.
Feilschen: Der Patient versucht, dem Schicksal mehr
Zeit abzuringen.
Depression: Traurigkeit und Weinen.
Akzeptanz: Diese kann durch Schweigen, Zurückzie-
hen und Distanz gekennzeichnet sein.
Oft fühlen sich die Betroffenen überwältigt von den
veränderten Lebensumständen, hilflos und wütend darü-
ber, dass sie betroffen sind. Manchmal haben sie auch
Angst — vor Schmerzen, vor dem Sterben, vor dem
Verlassen werden oder dem Unbekannten — und ma-
chen sich Sorgen oder Vorwürfe, dem anderen zur Last
zu fallen.
Wut und Gereiztheit können für den anderen Partner
großen Stress bedeuten. Diese negativen Emotionen
können sich gegen den Arzt, den Partner die Familie
oder die Welt im Allgemeinen richten. Oft leiden die
Patienten an Angstzuständen, Depressionen und Isolati-
on, weil sie den Verlust ihres früheren Lebens betrauern
und einer unerwarteten Zukunft entgegensehen. Studien
haben gezeigt, dass der Beistand des Partners das seeli-
sche Trauma, das mit ernsten Erkrankungen einhergeht,
lindern, die Gesundung des Patienten beschleunigen und
sein Lehen sogar verlängern kann.
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