Page 82 - Soziale Beziehungen, unter die Lupe genommen! 2019
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auch wenn dies lange dauert, ermüdend ist und unbe-
quem erscheint. So haben sie das Gefühl, immer noch
eine gleichberechtigte, wenn auch veränderte, Beziehung
zu haben, in der sie eine wichtige Rolle spielen.
Um die Beziehung für den Behinderten zufriedenstel-
lend zu gestalten, müssen beide Parteien Aufgaben fin-
den, die der Behinderte selbstständig übernehmen kann
und die Wohnsituation so umgestalten, dass Pro-bleme,
die sich aus der Behinderung ergeben, umgangen werden
können.
Eine Beziehung zum Behinderten aufbauen
Betreuer können das Verhalten eines Behinderten eher
verstehen, wenn sie sich seine Gefühle bewusst machen.
Sie sollten sich aber auch über ihre eigenen Emotionen
klar werden. Manchmal haben sie Schuldgefühle: Es
macht ihnen z.B. Probleme, dass sie frei und unabhängig
sind, während der Behinderte auf Hilfe angewiesen ist.
Betreuer können der Versuchung erliegen, Entscheidun-
gen für den Behinderten zu treffen. Eine solche Bevor-
mundung gefährdet jedoch die Würde des Behinderten
und beeinträchtigt seine Unabhängigkeit.
Man braucht Geduld und Toleranz, wenn man zuse-
hen muss, wie der Partner oder Freund sich mit etwas
abmüht, was ein Nichtbehinderter schneller und leichter
tun könnte. Für die Beziehung und das Selbstwertgefühl
des Behinderten ist es jedoch äußerst wichtig, dass er die
Möglichkeit erhält, solche Aufgaben zu bewältigen.
Der Partner muss nicht nur versuchen, mit seinen ei-
genen Emotionen fertig zu werden, sondern auch mit
den negativen Gefühlen des Behinderten, z. B. Angstzu-
ständen, Depressionen und Wut. Oft sind Behinderte
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