Page 79 - Soziale Beziehungen, unter die Lupe genommen! 2019
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Eine Beziehung zum Patienten herstellen
Auch die Partner der Patienten sind emotional stark
betroffen. Sie machen sich Gedanken darüber, ob sie mit
allem fertig werden und — wenn die ärztliche Prognose
trostlos ist — dass sie in Zukunft allein sind. Sie sind
manchmal wütend, dass der Patient hilfsbedürftig oder
fordernd ist. Gleichzeitig fühlen sie sich wegen ihrer ne-
gativen Gedanken — sie tun nicht genug und möchten
ihre eigenen Bedürfnisse erfüllen — schlecht. Eltern ha-
ben z. B. oft Schuldgefühle gegenüber ihrem kranken
Kind, weil sie denken, sie hätten die Krankheit verhin-
dern können. .
Die Erkrankung kann auch die Kommunikation ersti-
cken, weil die gesunde Person beispielsweise schwierige
oder unangenehme Themen meidet, um nicht die Gene-
sung des Patienten zu beeinträchtigen. Patient und Part-
ner sollten aber aus ihren Gefühlen kein Hehl machen
und offen über alle Probleme sprechen. Studien zeigen
darüber hinaus, dass Patienten dann am besten mit ihrer
Situation zurechtkommen, wenn sie über alles informiert
und an allem beteiligt sind.
Manchmal neigen Betreuer dazu, sich ganz auf die
praktischen Aufgaben wie Waschen, Saubermachen und
Wäschewechseln zu konzentrieren. Es ist jedoch ebenso
wichtig, Zeit mit dem Kranken zu verbringen, Gesell-
schaft und Beistand zu leisten und sich seine Sorgen an-
zuhören. Die Psychologin Carolyn Cutrona von der
staatlichen Universität Iowa (USA) vertritt in ihrem
Buch »Social Support in Couples« (»Soziale Unterstüt-
zung in Paarbeziehungen«) die These, dass »ein Weg der
Interaktion gefunden werden muss, der weder die Hilflo-
sigkeit des Patienten verstärkt noch sein Bedürfnis, um-
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