Page 80 - Soziale Beziehungen, unter die Lupe genommen! 2019
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sorgt und verstanden zu werden, ignoriert.« Der Patient
       sollte ermutigt werden, seine Gefühle offen zu äußern.
       Es müssen keine Lösungen angeboten werden — der
       Partner hat hier einfach die Rolle des verständnisvollen
       Zuhörers, eine Rolle, die natürlich auch von Freunden
       übernommen werden kann.
         Wenn sich ein todkranker Patient in der Phase befin-
       det, die Elisabeth Kübler-Ross als Verleugnung bezeich-
       net, sollten die Betreuer dem Patienten zeigen, dass sie
       jederzeit bereit sind, mit ihm zu sprechen. Wird der Pati-
       ent in dieser Phase dazu gezwungen, über die Schwere
       seiner Krankheit zu sprechen und anzuerkennen, dass
       eine Genesung unwahrscheinlich ist, kann ihn das in
       tiefste Depressionen stürzen. Dies gilt vor allem, wenn
       der Patient noch nicht bereit ist, solche Informationen
       aufzunehmen. Manchmal trifft diese Situation aber auch
       auf den Partner des Patienten zu: Der Kranke hat
       sein Schicksal akzeptiert, der Betreuer jedoch nicht. In
       diesem Fall verbündet sich der Patient mit dem Betreuer
       und hält häufig die Illusion aufrecht, dass seine Krank-
       heit überwunden werden kann, obwohl er selbst nicht
       mehr daran glaubt.
         Die Partner der Patienten sollten auch ihre eigenen
       Gefühle objektiv betrachten. Sie sollten sich nicht ver-
       dammen, weil sie negative Gefühle wie Wut und Groll
       verspüren, sondern versuchen, positive Emotionen zu
       verstärken. Dabei kann es die Beziehung stärken, seine
       Sorgen offen zum Ausdruck zu bringen. Für beide Par-
       teien kann es befreiend sein, die Gefühle miteinander zu
       teilen, ihre Ängste zu enthüllen und Liebe und Engage-
       ment auszudrücken. Es kann in Krisenzeiten sehr trös-



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