Page 81 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
P. 81

.



                Das Inertialsystem vor dem Forum der Naturforschung.  69

            erfüllt mit lauter Geistern, und in jedem Irrenhause lassen sich Vertreter
            der nämlichen Weltanschauung finden.
      80; Gleichwohl nehmen Leibniz, Lotze und manche andere Metaphysiker der-
            artige innere Zustände der bewegten und bewegenden Körper als gewiss
            an.  Die Phantasie kann da ebenso frei schalten, wie etwa in der Frage,
            ob. und mit was für Lebewesen die Himmelskörper bevölkert seien.  Alle
            diese Probleme gehören in das unendliche Buch der unbeantwor-
            teten, und  gi'ößtentheils wohl  für immer  unbeantwortet bleibenden
            Fragen, und schwerlich wird die exacte Wissenschaft von ihrer weiteren
            Verfolgung auch nur die geringste Förderung erwarten dürfen,
      81) Man braucht nur spielende Kinder in den ersten Lebensjahren zu beobachten,
            um sich zu überzeugen, dass sie von dem Räthsel der Schwerkraft psychisch
            aufs mächtigste berührt werden.
      82) Dass die berühmte Anekdote von dem fallenden Apfel wohl nm* eine Legende
            ist, hat Rosenberger sehr wahi"scheinlich gemacht; wie fast alle ähn-
            lichen Legenden dürfte gleichwohl auch diese eine innere Wahrheit be-
            sitzen. Man vergleiche S. 119 f. des Rosenberger'schen Buches  (s. oben
            Anm. 21
      83) Eine derartige unmetaphysische Auffassung des physikalischen Kraftbegriffes
            wird u. a.  (in Analogie zu gewissen psychologischen Begriffen) auch von
            Müller und Pilzecker vorausgesetzt.  Vgl. deren »Experimentelle Bei-
            träge zur Lehre vom Gedächtniss« 1900, S. 269 f.
      84) S.  0. S. 56 dieser Abhandlung.
      85) L. Lange, Bewegungsbegriff, Anhang I.  S. 126—132.
      86) Dass die relativen Massen von Doppelstemen berechnet worden sind,  ist in
            dem betrachteten Zusammenhang ohne Bedeutung.
      87  G. Frege,  a. a. 0. S. 161.  H. Seeliger,  a. a. 0. S. 257—259.
              Zu Seeliger 's antikritischen Bemerkimgen seien mir noch einige Worte
            gestattet.  Ich glaube nach wie vor, dass sich zahlreiche Fachastronomen
            der schwer definirbaren Durchschnittsbeziehung, die in der sogen. »Trans-
            lation der Sonne < steckt, nicht völlig klar bewusst sind.  Argelander
            jedenfalls war sich ihrer nicht bewusst,  sonst  hätte er unmöglich den
            schon erwähnten Trugschluss  begehen können.  Nur dann, wenn  die
            Wissenschaft sich entschließt, gnindsätzlich gar nicht mehr, auch nicht in
            übertragenem Sinne, d. h. aus Bequemlichkeit, von »absoluten« und »wahrenc
            Bewegungen zu reden, kann eine Klärung der Vorstellungen auf diesem
            Gebiete Platz greifen. — Es ist mir nicht bekannt, ob die neuesten Be-
            stimmungen des »Apex«  die Vogel'schen Daten über die Bewegungen
            im Visionsradius benutzt haben.  Früher wurden jedenfalls bloß die zur
            Gesichtslinie senkrechten Componenten der Eigenbewegungen der Rech-
            nung zu Grunde  gelegt;  da Vogel's bahnbrechende  photographische
            Untersuchungen (vgl. H. C. Vogel, Untersuchung über die Eigenbewegimg
            der Sterne im Visionsradius auf spectrographischem Wege, Potsdam 1892)
            erst seit 1888 datiren, und die älteren — mir übrigens schon früher wohl-
            bekannten — Untersuchungen von Secchi, Huggins, Seabroke u. A.
            keine genügende Uebereinstimmung der Resultate zeigten  , konnte es ja
            gar nicht anders sein.  Ob die Bestimmung des »Apex«, wenn man nicht
            bloß die zweidimensionalen Eigenbewegungen auf der Sphäre, sondern als
   76   77   78   79   80   81   82   83   84   85   86