Page 85 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Ueber die Helligkeitsvariationen der Farben.     73

      verschiedener Farbenempfindungen, und wir nehmen an, dass E = E^.
      Gleich. 1 zufolge muss man dann setzen:

        e log    [a-b log i?)] = c^ log                      (Gleich. 2.)
             [^                       [^   [a), - h^ log rS\ ,

     wobei die dem E^ entsprechenden Größen mit demselben Index be-
     zeichnet sind.  Werden nun R und R^^ mit derselben Zahl, p, multi-
     plicirt, so sieht man leicht, dass

             ^^                                   [H    h logi^i^A)],
        elog       [a— b\o^pR)^ ^ cx log|^^^p^ —
     woraus wiederum folgt: E^E^.     "Wenn also Gleich. 1, nur mit \'er-
      schiedenen Constanten, für alle Farben gültig ist, so stellt sich heraus,
     dass zwei Farben, die bei gegebenen ßeizstärken gleich intensiv sind,
     nicht länger gleich intensiv sein werden, wenn die Reizstärken in dem-
     selben Verhältniss w^achsen.  Dagegen müssen diejenigen Werthe von
     R und jR;, welche gleich intensive Farbenempfindungen hervorbringen
     sollen,  die in Gleich. 2 ausgedrückte Bedingung  erfüllen.  Kennt
     man   also  die hierin eingehenden Constanten,  so kann man aus der
     Gleich. 2 — jedenfalls graphisch — die Größe R^ finden, die einem
     jeden gegebenen Werth von R entspricht.
         Es lässt sich nun unschwer beweisen, dass zwei Farben, die gleich
     intensive Empfindungen hervorbringen,  auch  gleich  hell erscheinen
     müssen.  Dass eine Empfindung die Intensität E hat, bedeutet näm-
     lich nur, dass zwischen   (Null) und E eine Anzahl E ebenmerklich
                                          Wenn also zwei Empfindungen
     verschiedener Empfindungen liegt ^).
     verschiedener  Qualität dieselbe Intensität haben,  so  ist ihre »Ent-
     fernung« von Null, von der vollständigen Dunkelheit, dieselbe.  Dies
     kann kaum anders aufgefasst werden,    als  dass  die Empfindungen
     identisch sind, wenn man von der    specifischen Farbenwirkung ab-
     strahirt, oder mit anderen Worten:  die Farben erscheinen gleich hell.
     Meines Erachtens   liegt  in  dieser Betrachtung  nur  etwas  Selbst-
     verständliches  ; will man die Richtigkeit derselben aber nicht zugeben,
     so kann man die Annahme, dass gleich intensive Farbenempfindungen
     auch dieselbe Helligkeit haben, als eine wenigstens nicht unwahrschein-
     liche Hypothese  aufstellen.  Es  wird  nun  im Folgenden   unsere
         1) A.  a. O., S. 10.
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