Page 61 - Stiftung Warentest - Warenkunde Brot - Gutem Brot auf der Spur
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Rohstoffe verändern heißt im besten Fall, verschiedene Getreidesorten so zu mischen,
dass immer dieselben Mehleigenschaften entstehen. Das aber funktioniert nur innerhalb
gewisser Grenzen. Deshalb wird mit Zusatz- und Verarbeitungshilfsstoffen gearbeitet.
Die Mühlenchemie umfasst mehrere Hundert zugelassene Stoffe, um die Mehleig-
enschaften zu beeinflussen (siehe Tabelle S. 198) . Technische Enzyme sind dabei die
Alleskönner schlechthin, nicht nur im Mehl, sondern auch als Zugabe zum Teig.
Klassische Backmittel wie Emulgatoren, Säuerungsmittel oder Verdickungsmittel
kommen bei bestimmten Brotsorten auch zum Einsatz.
Der Großbäcker passt in aller Regel seinen Rohstoff an die Verfahren zur
Brotherstellung an. Der Handwerksbäcker passt im Gegensatz dazu im besten Fall die
Herstellungsverfahren an den Rohstoff an – ein entscheidender Unterschied. Zwischen
beiden Endgliedern gibt es eine große Grauzone, in denen sich beide Welten mischen.
So ist der klassische kleine bis mittlere Betrieb, also ein Bäcker mit 10 oder 50
Filialen, auf einen gewissen Automatisierungsgrad angewiesen und damit häufig auf
Möglichkeiten, seine Rohstoffe gezielt auf den Maschinenpark zu optimieren (siehe
Interview S. 43) . Andererseits gibt es auch große Betriebe, die Wege gefunden haben,
auf Rohstoffanpassungen zu verzichten und mit den natürlichen Schwankungen
umzugehen.
Viele Großbäckereien haben sich aus Handwerksbetrieben entwickelt. Neben dem
klassischen Sortiment aus fertig gebackenen Broten und Kleingebäcken für den
Lebensmitteleinzelhandel oder das eigene Filialnetz sind tiefgekühlte Backwaren
(vorgebacken oder als Teiglinge) für Aufbackstationen in Backshops, Supermärkten,
Discountern, Warenhäusern oder Filialen der neue Trend. Die Brotindustrie investiert
kräftig in die Tiefkühlproduktion, insbesondere für Kleingebäcke.
Tipp vom Profi
Etwa 500 000 Tonnen Brot landen jedes Jahr im Müll. Dagegen lässt sich etwas tun: Kaufen Sie nur so viel
Brot ein, wie Sie auch sicher verzehren. Außerdem muss Brot nicht weggeworfen werden, außer es
schimmelt. Altbackenes oder trockenes Brot kann in Fleischgerichten (zum Beispiel Frikadellen) oder in
Aufläufen verarbeitet werden. Geröstet und zerrieben ist es ein hervorragendes Paniermehl. In Butter
angebraten als Croûtons für Salat, in Ei, Mehl und Zucker gewälzt für süße Gerichte wie Arme Ritter oder mit
Wasser aufgequollen als Quell- oder Brühstück für Brotteige – Brot ist viel zu schade zum Wegwerfen.
Ist industriell gebackenes Brot schlechter?