Page 131 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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Verständlich, dass einer ruhig ruhen und nicht von Touristen gestört werden will, der zu Lebzeiten
wenig Nachtruhe fand. Seit 4 Uhr ist Michlmair hier, denn bevor er mit dem Backen beginnen kann,
hat er mehr zu leisten, als „nur“ den Sauerteig zuzubereiten: Circa drei Kilogramm Teig vom Vortag
(Grundsauer) werden mit Mehl und Wasser gemischt und 10 Minuten geknetet, das überlässt er der
Maschine. Dann ruht der Teig, bildet Bläschen, wölbt sich. Etwa eine Stunde dauert es, bis der
Vollsauer reif ist. Das Wort „reif“ bringt zum Ausdruck, dass Sauerteig lebt, sich je nach Witterung
anders verhält, und so überrascht es, dass Michlmair sagt, der Teig gelinge immer, „man kann fast
nix falsch machen“. So kann nur einer sprechen, der Jahrzehnte mit dieser Materie gearbeitet und
genau im Gefühl hat, wie der Gärungsprozess verläuft. Welche Temperatur das Wasser im Winter und
im Sommer haben muss, ob noch etwas Mehl hinzugegeben werden muss – das ist Routine für den
erfahrenen Mann.
Den Ofen zu kennen, sei die Herausforderung hier, sagt er. „Andere drücken nur mehr den Knopf,
des interessiert mi net.“ Der Ofen versteckt sich hinter einer weißen Kachelwand und zeigt nur ein
relativ schmales Maul. Ihm hat Mittermair schon ab 4 Uhr seine Zeit gewidmet, er hat den Ofen
gefüttert – „Nadelholz gibt die Hitze schnell ab und brennt besser ab“ –, er hat ihn gesäubert, von