Page 137 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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Auch ich erwerbe zwei Laibe. Einzeln in Papier verpackt ruhen sie in einer braunen Tüte. Ich trage
  sie vorsichtig und mit Stolz. Ich habe nichts geleistet, aber ich fühle mich, als hätte ich etwas erbeutet:
  Nahrung. Auf dem Rückweg von Salzburg nach München liegt die Tüte auf dem Beifahrersitz. Der
  Tacho zeigt 130 km/h, wie immer ist viel Verkehr auf der Autobahn und mein Hirn befiehlt: Pfoten
  ans Steuer. Trotzdem wandert meine Rechte immer wieder hinüber, ruht auf den runden Laiben, sucht
  deren Wärme. Warum macht es mich so glücklich, diese zwei Brote zu besitzen? Ich habe nie Hunger
  gelitten,  ich  könnte  jederzeit  abfahren  und  irgendwo  einkehren,  Schweinsbraten,  Schnitzel,  Salat,

  Eiscreme,  Kuchen  essen.  Wie  jeder  moderne  Mensch  bin  ich  nicht  mehr  abhängig  vom  Brot  als
  tägliche Nahrung. Vielleicht wüsste die Hirnforschung eine Antwort. Vielleicht gibt es da eine Zelle,
  die schon die Urmenschen hatten und die sagt: „Wenn du diesen Geruch riechst, bist du in Sicherheit.
  Du hast, was du zum Überleben brauchst.“
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