Page 141 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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DIE KLEINEN, GRAUEN ZELLEN
HEFE
Warum Brot „aufgeht“? Daran sind die Pilze der Backhefe oder
Germ, wie man in Österreich sagt, schuld. Beziehungsweise der
Sauerteig, der im Prinzip eine ähnliche Reaktion bewirkt.
Hefen sind die Triebfedern im Teig, sogenannte Knospungspilze, die die Stärke aus dem Mehl
aufspalten und dabei Gase freisetzen. „Germpilze fressen Stärke oder Zucker und rülpsen
Kohlendioxid“, formuliert es Werner Gruber, seines Zeichens Physiker am Wiener Institut für
Experimentalphysik mit regem Interesse für Kulinarik.
Wie alle Pilze haben sie gern Sauerstoff zur Verfügung. Man könnte eigentlich auch sagen, dass ein
Pilz „atmet“: Er nimmt Sauerstoff auf und stößt CO2 aus. Haben sie keinen Sauerstoff zur Verfügung,
versorgen sie sich anaerob und es kommt zur alkoholischen Gärung. Dabei spalten die einzelligen
Hefepilze bei ihrer Arbeit Stärke in vergärbaren Zucker auf, dieser wird weiter zu Alkohol und
ebenfalls CO2 abgebaut. In der Folge entstehen im Teig kleine Bläschen aus Kohlenstoffdioxid.
Kommt beim Backen dann die Hitze dazu, bildet sich in diesen Bläschen Wasserdampf. Und der
schließlich bewirkt, dass der Teig locker und luftig wird. Der entstandene Alkohol verdampft
ebenfalls beim Backen. Übrigens: Geht ein Kuchen oder ein Brot nicht auf, so kann eine Ursache sein,
dass der Teig zu wenig Wasser enthält.
Sauerteig enthält ebenfalls Hefepilze, die in diesem Fall eine Lebensgemeinschaft mit
Milchsäurebakterien eingehen. Sowohl die wilden Hefepilze als auch die Bakterien sind dabei einfach
in der Luft vorhanden.
Das ist die gute und gleichzeitig auch die schlechte Nachricht. Einerseits ermöglicht dieser
Umstand überhaupt erst die Herstellung von Sauerteig in jeder Küche. Man mische Mehl und Wasser
– den Rest erledigt die Luft. Jahrhundertelang arbeiteten Bäuerinnen auf diese Weise und vertrauten