Page 87 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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Im Auge der Geheimdienste
Mit dem Pfarrer waren wir in den Sechziger- und Siebzi-
gerjahren oft in der Schweiz unterwegs, um zu wandern
und so nebenbei die plötzlich aus dem Nichts aufge-
tauchten Abhöranlagen zu begutachten – diese suspek-
ten Anlagen hinter einem Elektrozaun und bewacht mit
Kameras, für welche Zwecke fragte ich mich oft. Aber es
überraschte mich in keiner Weise, denn, was mir so rü-
berkam als Kind aus Bundesbern durch den liebenswür-
digen Bundesrat, ließ mich stets aufhorchen. Als ich in
der Lehre war und dachte: Jetzt habe ich es dann ge-
schafft mit dieser blödsinnigen Ausbildung! Denn die
meisten Kollegen dachten nur daran, schnell reich zu
werden, da war ein sogenannter Arbeitskollege des
Schweizer Geheimdienstes da, der wollte mich dauernd
rekrutieren und versuchte mir alles so richtig schmack-
haft zu machen. Ich nahm alles in mich auf, denn eines
Tages war der Typ plötzlich neben meiner Wohnung auf-
getaucht mit einem Diplomatenwagen aus Bern, das
machte mich neugierig, also wollte ich seinen Wagen für
eine kleine Spritztour fahren, einmal um das Pfarrhaus
und retour. Es gelang mir auf der Fahrt ohne gültigen
Führerschein, einem Freund zuzuwinken. Der war echt
erstaunt, mich in einem Diplomatenfahrzeug zu sehen,
das liess er mich später wissen. Als ich den Wagen zu-
rückbrachte, war der vom Geheimdienst echt erleichtert
dass mich niemand erwischt hatte. Über die Jahre erfuhr
ich Diverses, denn ich war ein exzellenter Zuhörer. Dabei
sollte es nicht nur bei einer Anwerbung bleiben; es gab
diverse Anfragen, am Schluss sogar vom französischen
Militärischen Geheimdienst. Das war für mich damals
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