Page 34 - P_ART_Katalog_2018
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Auszüge aus dem Diskussionsverlauf
Moderation: Siglinde Lang
SIGLINDE: Mir hat deine Formulierung, Birgit, zipation auch ohne diesen autonomen Raum
„die eigenen Logiken durchbrechen“ gut gefallen. stattfinden? Die Tatsache, dass ein Treffen in
Swetlana versucht mit ihren Kunstarbeiten einer Kultureinrichtung stattfindet, macht es
die Logiken des Kunstmarktes aufzubrechen nicht zu Kunst, wenn es nicht als Kunstwerk
und neue Settings, Strukturen und Produk- deklariert ist. Aber es schafft eine andere
tionsweisen zu schaffen. Wenn diese Arbeiten Atmosphäre oder Dimension und setzt daher
in die Institutionen hineingehen, tut sich vielleicht etwas anderes frei als in einer
dann etwas? Volkshochschule oder Kneipe. P-ART AUFTAKT
BIRGIT: Bei dem Beispiel mit der blauen SWETLANA: Die Plattform war natürlich
Kunstplatte im Museum von Swetlanas Arbeit auch ein Risiko, weil sie nicht immer bespielt
waren die Kuratoren ja machtlos. Kunst wurde und man die Ästhetik von manchen
ermöglicht genau diesen Freiraum, diese Auto - Mietern aushalten muss. Es war eine auto-
nomie. Das ist schon eine konkrete Intervention nome Plattform, wo fast alles möglich ist.
und eine Form, Leben und Wirklichkeit in den Ich hatte keine Kontrolle mehr.
sterilen White Cube zu holen und Deutungs-
hoheiten oder Gatekeeper-Funktionen damit PUBLIKUMSFRAGE:Was ich spannend in
elegant zu unterwandern. Aber am Ende hat Birgit Mandels Vortrag fand, ist die Idee,
natürlich der Kunstmarkt mit seinen Logiken das Menschen nicht über Defizite, sondern über
wieder wunderbar absorbiert. Es wurde in Themen zu adressieren. Wie schafft man es,
gesellschaftlicher Hinsicht nichts transformiert da nicht zu reproduzieren, sondern Insti-
– was auch zeigt, wie stark das System ist. tutionen wirklich zu öffnen?
SIGLINDE: Bedeutet das, dass der Kunst- BIRGIT: Das ist ein enger Grat – nicht zu
markt, den Swetlana „konservativ“ genannt hat, adressieren. Denn wenn man weiß, wer
in seiner Ausrichtung als starr, selbstreferentiell aktuell garantiert nicht repräsentiert ist, sind
und reproduzierend bezeichnet werden kann wir wieder bei so Schubladen. Ich weiß da
– und damit Partizipation eher unterbindet? auch keine genaue Lösung, aber klar ist, dass
BIRGIT: Ich würde die Frage etwas anders diese Zuteilungen, wenn man Menschen in
formulieren: Muss etwas Kunst sein, damit es Projekten zusammenholt, oft nicht stimmen.
in der Wahrnehmung funktioniert? Kunst
schafft ja diese autonomen, utopischen Räume,
in denen alles möglich ist. Oder kann Parti-
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