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                                                                                      Aggression  ist  im  Vokabular  der
                                                                                      Verhaltensforscher definiert als eine physi-
                                                                                      sche Handlung oder Bedrohungshaltung ei-
                                                                                      nes Individuums gegenüber einem anderen,
                                                                                      in dem dessen Freiheit und genetische
                                                                                      Potenz eingeschränkt wird.Man kann meh-
                                                                                      rere Arten des Aggressionsverhaltens un-
                                                                                      terschieden: Beuteaggression,hierarchische
                                                                                      Aggression, Aggression aufgrund von
                                                                                      Verstimmungen, territoriale Aggression,
                                                                                      mütterliche sowie durch Angst ausgelöste
                                                                                      Aggression. Mit Ausnahme der Beute- und
                                                                                      durch Angst ausgelösten Aggression ist es
                                                                                     © Grossemy  wichtig,denAblauf des gezeigtenVerhaltens
                                                                                      zu verfolgen.

            Die drei Phasen                      Beuteaggression wird auch bei satten Tieren be-  ren, wenn Hunde sich in Banden organisieren.
                                                 schrieben. Das ist bei einem Hund der Fall, der  Der Mensch gilt dann als Beute, weil die Hunde
            Eine Verhaltenssequenz läuft in drei Phasen ab.
            Eine Phase der Bedrohung oder Einschüchterung  in ein Hühnerhaus kommt und alles Geflügel tö-  nicht auf den Menschen sozialisiert waren. In sel-
                                                 tet, oder einem Hund, der Rinder tötet. Dies ist  tenen Fällen zeigen Hunde diese Beuteaggression
            (Knurren, starr aufgerichtete Rute und Ohren,  physiologisches Verhalten und es gibt keine wirk-  gegenüber Krabbelkindern. Es handelt sich in
            zurückgezogene Lefzen), eine Angriffsphase, in
                                                 lich effektive Möglichkeit, diese Aggressionsart  diesen Fällen immer um Hunde, die bisher keinen
            der der Hund seinen Gegner angreift und ver-  zu bekämpfen.               Kontakt zu Kindern dieses Alters hatten.
            sucht, ihn am Hals zu beißen, an der Brust oder
            den Vorderläufen, er versucht ihn zu Fall zu brin-
                                                 Von Zeit zu Zeit wird davon berichtet, dass
            gen und auf dem Boden zu halten, bis der andere  Beuteaggression auch gegenüber einem Menschen
            Hund eine Unterwerfungshaltung einnimmt.
                                                 ausgelöst wurde. Diese Beutehandlungen passie-
            Danach kommt die Phase der Beruhigung. Der
            Sieger bleibt entweder über dem Kopf des
            Besiegten stehen, manchmal legt er eine Pfote
            auf dessen Widerrist oder reitet auf. Der Angriff  Bedrohungsphase
            verläuft je nach der Hierarchiestufe zwischen
            den beiden Hunden unterschiedlich. Wenn der
            Aggressor dominant ist, ist die Beißphase kurz.
            Es folgt darauf eine erneute Phase der
            Einschüchterung. Wenn dagegen der angrei-
            fende Hund in einer Wettbewerbssituation steht,
            wird er den Kampf aufrecht erhalten, bis sein  Angriffsphase
                                                                                                     Der Sieger bringt seine
            Gegner   sich  unterwirft.  Wenn  die
                                                                                                     Dominanz erneut durch
            Verhaltenskette abgelaufen ist, spricht man von                                          verschiedene Rituale zum
            einer reaktiven Aggressivität. Wenn die Phasen                                           Ausdruck.
            der Bedrohung und der Beruhigung fehlen, ist es
            eine instrumentalisierte Aggressivität oder eine
            sekundäre Hyperaggressivität.

            Beuteaggression                      Beruhigungsphase
                                                 Der Besiegte bietet dem Sieger sei-
            Beuteaggression wird im Allgemeinen durch  nen Hals.
            Hunger ausgelöst. Der Hund springt auf die
            Beute, Ohren und Rute erhoben, die Haare in
            der Lendenregion aufgerichtet und lässt sich auf
            seine beiden Vorderbeine fallen und beißt dann
            mit seinen Kiefern zu und schüttelt kräftig, um
            das Genick der Beute zu brechen.
                                                  Lecken des Kopfes des Besiegten.  Aufreiten           Pfoten auf dem Widerrist


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