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Das Erlernen der
Hierarchie
Der Hund ist geboren,um in einer Gruppe
zu leben und muss deshalb die Regeln der
Hierarchie lernen, das heißt, er muss sein
Begehren in Abhängigkeit von den Regeln
und für den Vorteil des Rudels kontrollie-
ren lernen. Die Hierarchie wird über die
Ernährung, die Kontrolle des Territoriums
und der Sexualität erlernt.
© Labat/Rouquette/Royal Canin
Die Rituale lernen, wann sie an der Reihe sind, wann die sie zum Ziel kommt. So lernen die Hunde, die
dominierenden Tiere gefressen haben, um eben- Intensität ihres Bisses zu kontrollieren und ihre
In einem Rudel frisst der dominante Hund als
Erster, er kontrolliert das Kommen und Gehen falls Zugang zur Mahlzeit zu haben. Wenn ein Beweglichkeit im Allgemeinen. Wenn der Welpe
Hund versucht, seine Ernährung zu beschleuni- in einer Familie lebt, dürfen deren Mitglieder das
der Tiere und er allein lebt vor den gen, wird er vom Grollen seines Chefs begrüßt, Beißen nicht akzeptieren. Der Welpe soll nicht
Rudelmitgliedern seine Sexualität aus. Bis zum
dem dessen Zähne folgen, wenn er nicht nach- „seine Zähne benutzen“, nur so wird verhin-
Absetzen ernähren sich Welpen allein von
gibt. dert, dass es nicht zu schwereren Beißunfällen
Muttermilch und kennen keine andere Regel
als die des Zugangs zur Gesäugeleiste. Nach dem kommt, wenn der Hund kräftiger ist. Die
Etwa im Alter von fünf bis sechs Monaten bei Intensität der Beißkraft ist je nach Tier, seiner
Absetzen begleiten sie ihre Mutter zur Nahrung, den Rüden und ab der zweiten Hitze bei den Hunderasse und seiner Linie unterschiedlich.
die dem Rudel zur Verfügung steht. Wenn sie
Hündinnen werden sie von den dominierenden Einige Hunderassen, wie der Labrador, sind
sich dieser nähern, werden sie von den ausge-
Tieren und den Hündinnen aus den am meisten durchaus in der Lage, kräftig zuzubeißen, aber in
wachsenen Tieren zurückgewiesen. Sie müssen
frequentierten Bereichen weggejagt. Die Mütter dieser Phase der Sozialisation lernen sie von der
unterstützen ihre Jungen weniger und weniger Mutter, dies zu unterlassen.
und diese sind gezwungen, ihren eigenen
Liegeplatz an der Grenze des Territoriums des Die Phase der Loslösung
Rudels zu finden. Diese Phase ist auch charak-
terisiert durch die Kontrolle der Sexualität. Nur Etwa ab dem Alter von fünf Monaten toleriert
„In dieser Phase der Sozialisation die dominanten Hunde haben das Recht, ihre die Hündin ihre Welpen immer weniger, vor al-
lernt der Welpe, nicht verletzend zu- Sexualität vor den anderen Rudelmitgliedern lem die Rüden. Die Beweise der Zuneigung
zubeißen.“ auszuleben. Die dominierten Rüden und he- werden weniger, sie spielt weniger und die
ranwachsenden Tiere müssen sich verbergen. Jungen müssen ihren eigenen Liegeplatz finden.
Ihr Sexualverhalten ist in Anwesenheit von do- Andererseits möchten vor allem die Hündinnen
minanten Rüden untersagt. länger bei ihrer Mutter bleiben. Die Loslösung
vollzieht sich langsam und gewissermaßen erst
Angst im „zweiten Anlauf“. In einer menschlichen
Die Bisskontrolle
Meute kommt es nicht zu einer Loslösung und
In dieser Phase der Sozialisation lernt der Welpe, es kann sein, dass eine Bindung bestehen bleibt,
nicht verletzend zuzubeißen, er lernt sein Beißen sogar eine übermäßige Bindung und diese kann
zu kontrollieren, zum einen im Spiel ab dem der Ursprung für zahlreiche Verhaltensprobleme,
Alter von drei Wochen, zum anderen von seiner wie massive Zerstörungen, Urin- und
Mutter. Dieses Lernen verhindert Beißunfälle. In Kotabsetzen am ungeeigneten Ort sowie lautes
Kampfspielen beißen sich die Welpen unterei- Heulen bedingen, wenn der Hund allein gelas-
nander und wenn einer bei anderen Welpen zu sen wird.
arg zubeißt, schreit dieser. Das Spiel ist unter-
Angst und Unterwerfung, nachdem etwas verboten brochen und der Welpe, der gebissen hat und ei-
wurde.
gentlich spielen wollte, lernt, dass er so nicht
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