Page 85 - Was will Gott_Neat
P. 85

Obwohl dieser Zusatz zum ersten Gebot gehört,
            ist er doch Inhalt aller Gebote. Darum habe ich gesagt,
            man soll es auch der Jugend vorstellen und lehren, dass
            sie es lernen und behalten, damit man sieht, was uns
            drängt und zwingt, diese Zehn Gebote zu halten, und
            man soll es nicht anders ansehen, als sei dieses Stück
            für jeden festgelegt, damit es in jedem ist und in je-
            dem wirkt. Nun ist, wie schon gesagt, in diesen Worten
            zweierlei enthalten: Eine zornige Drohung, um uns zu
            erschrecken und zu warnen, und eine freundliche Zu-
            sage, um uns zu locken und zu bewegen, damit man
            sein Wort als göttlichen Ernst annimmt und achtet. Er
            selbst drückt darin aus, wie sehr ihm an den Geboten
            liegt und wie sehr er über sie wachen will; denn er will
            alle grausam und schrecklich strafen, die seine Gebote
            verachten und übertreten und andererseits will er jene
            reichlich belohnen und denen alles Gute erweisen, die
            sie achten und gerne nach ihnen handeln und leben. Er
            fordert, dass alles mit einem Herzen geschehen soll, das
            allein Gott fürchtet und vor Augen hat und aus dieser
            Furcht heraus alles unterlässt, was gegen seinen Willen
            ist, um ihn nicht zu erzürnen und allein auf Gott ver-
            traut und tut, was er haben möchte, weil er sich als ein
            freundlicher Vater erweist, der uns alle Gnade und alles
            Gute bietet.
                Das ist der Sinn und die richtige Auslegung des ers-
            ten und edelsten Gebotes, aus dem alle andern Gebo-
            te wachsen und hervorgehen sollen. Denn dieser Satz
            „Du sollst nicht andere Götter haben“ will in einfachen
            Worten nichts anderes sagen als das, was hier gefordert
            wird: Du sollst mich als deinen einzigen, wahren Gott
            fürchten und lieben und mir vertrauen. Denn wo das
            Herz des Menschen so auf Gott gerichtet ist, wird die-
            ses und werden alle andern Gebote erfüllt. Wer dagegen


                                                           85
   80   81   82   83   84   85   86   87   88   89   90