Page 82 - Was will Gott_Neat
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des Nächsten Gut begehrst und danach trachtest, es
ihm abzuluchsen und ihm nicht gönnen willst, was
Gott ihm beschert hat. Und auch wenn es der Richter
und jedermann lassen muss, so wird Gott es dir nicht
lassen, denn er sieht die List in dieser Welt; wenn man
ihr einen Finger lässt, nimmt sie die ganze Hand. So
entstehen öffentliches Unrecht und Gewalt.
So lassen wir diese Gebote in ihrer allgemeinen
Bedeutung stehen. Sie gebieten zuerst, dass man dem
Nächsten keinen Schaden wünscht, auch nicht dazu
hilft, auch keinen Grund liefert, dass er Schaden erlei-
det. Sondern man soll ihm gönnen und lassen, was er
hat, und was ihm von Nutzen und Vorteil ist, soll man
fördern und erhalten, so wie wir auch wollen, dass man
es mit uns tut. Also richtet sich dieses Gebot besonders
gegen die Missgunst und den leidigen Geiz; denn Gott
will die Ursache und Wurzel aus dem Wege schaffen,
aus der alles entspringt, was dem Nächsten schadet. Da-
rum fasst er es auch ausdrücklich in diese Worte: „Du
sollst nicht begehren usw.“ Denn er will vor allem das
Herz rein haben, auch wenn wir, solange wir hier leben,
es soweit nicht bringen können. So bleibt dies auch ein
Gebot wie alle andern; es führt uns unsere Schuld stän-
dig vor Augen und zeigt uns, wie fromm wir vor Gott
sind.
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So haben wir nun die Zehn Gebote, eine Zusam-
menfassung göttlicher Lehre, was wir tun sollen, dass
unser ganzes Leben Gott gefällt und die rechte Quelle,
aus der wir alles schöpfen können, was gute Werke sind;
außer den Zehn Geboten gibt es nichts auf der Welt,
das Gott gefallen könnte, erscheint es der Welt auch als
noch so groß und köstlich. Lasst uns nun sehen, wessen
sich unsere großen Heiligen in ihren geistlichen Orden
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