Page 80 - Was will Gott_Neat
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Edelleute, Herren und Fürsten tun. Denn die meisten
           andern Menschen fallen erst einmal unter das siebte
           Gebot, denn sie fragen nicht viel danach, ob sie das Ihre
           auf ehrliche und rechtmäßige Weise gewinnen.
               In den meisten Fällen passiert so etwas im Handel
           vor Gericht, wenn man vorhat, dem Nächsten etwas ab-
           zugewinnen oder abzuschöpfen. Wenn man beispiels-
           weise in einem großen Erbfall bei Grundstücken usw.
           streitet und verhandelt, nimmt man alles zu Hilfe, was
           den Anschein der Richtigkeit erwecken kann, schmückt
           es aus, damit man recht bekommt, und gelangt zu die-
           sen Gütern mittels eines Urteils, das niemand anfech-
           ten kann und kein anderer mehr Anspruch darauf ha-
           ben kann. Ein weiteres Beispiel: Wenn einer gern ein
           Schloss, eine Stadt, Ländereien oder sonst was Großes
           hätte und er seinen Freunden oder, wo er es sonst noch
           kann, Finanzierungsmodelle vorlegt, die anderen dann
           ihre Einlagen verlieren, er sie aber auch noch mit Brief
           und Siegel zugesprochen bekommt, sodass es heißt, er
           habe es durch Gerichtsbeschluss ehrlich erworben.
               Ebenso geht es auch allgemein im Geschäftsleben
           zu.  Mit Geschick luchst einer  dem andern  etwas  ab,
           sodass der andere das Nachsehen hat. Oder einer lässt
           dem andern keine Ruhe und bedrängt ihn, wenn er
           seinen Vorteil darin sieht, dass der andere vielleicht aus
           Not oder aus Überschuldung seinen Besitz nicht halten
           kann, sondern ihn mit Verlust verkaufen muss. So be-
           kommt er es beinahe umsonst und es gilt nicht als zu
           Unrecht genommen oder gestohlen, sondern als ehrlich
           gekauft. Da heißt es dann: „Wer zuerst kommt, mahlt
           zuerst“ und „Ein jeder muss seinen Vorteil im Auge ha-
           ben“; der andere soll doch sehen, wo er bleibt. Und wer
           ist klug genug, all die Möglichkeiten aufzuzählen, wie
           man mit einem schönen Anschein Sachen an sich rei-


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