Page 75 - Was will Gott_Neat
P. 75

Nachbarn zu klagen, würde er wohl hören können: Du
            Narr, was geht das uns an, warum sagst du es ihm nicht
            selber? Siehe, das wäre wirklich brüderlich gehandelt,
            weil so das Übel abgewendet und dein Nächster in Eh-
            ren bleiben würde. So sagt es auch Christus an der ge-
            nannten Stelle: „Hört er dich, so hast du einen Bruder
            gewonnen.“ Damit hast du etwas Großes und Vortreff-
            liches getan. Denn meinst du, dass es eine Kleinigkeit
            ist, einen Bruder zu gewinnen? Lass alle Mönche und
            heiligen Orden mit all ihren Taten, auch wenn man sie
            alle auf einen Haufen werfen würde, hervortreten und
            frage sie, ob sie den Ruhm beanspruchen können, auch
            nur einen Bruder gewonnen zu haben.
                Weiter lehrt Christus: Will er dich aber nicht hö-
            ren, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit die
            Sache durch die Aussage von zwei oder drei Mündern
            belegt wird. Also soll man sich mit demjenigen ausein-
            andersetzen, den es angeht, und nicht ohne sein Wissen
            übel über ihn sprechen. Wenn das nicht hilft, dann tra-
            ge es in der Gemeinde oder bei einem weltlichen oder
            geistlichen Gericht vor. Denn hier stehst du nicht al-
            lein, sondern hast jene als Zeugen an deiner Seite; da-
            durch kannst du den Schuldigen überführen, der Rich-
            ter kann sein Urteil darauf begründen und strafen und
            auf diese Weise kann es ordentlich und gerecht dazu
            führen. Indem man etwas in alle Welt hinausschreit,
            wird niemand gebessert, und später, wenn man sich
            hinstellen und es bezeugen soll, will man nichts gesagt
            haben.  Darum geschähe solchen Mäulern recht,  dass
            ihre Lust zur üblen Nachrede bestraft würde, damit an-
            dere abgeschreckt würden. Wenn du es zur Besserung
            deines Nächsten oder aus Wahrheitsliebe tun würdest,
            brauchtest du nicht heimlich herumschleichen und den
            Tag und das Licht scheuen.


                                                           75
   70   71   72   73   74   75   76   77   78   79   80