Page 79 - Was will Gott_Neat
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an denken oder planen soll, etwas, was einem anderen
gehört wie etwa Frau, Dienstboten, Haus, Hof, Acker,
Wiese oder Vieh an sich zu bringen, auch nicht, wenn
es mit gutem Schein oder unter einem Vorwand ge-
schieht; denn das schadet dem Nächsten. Oben im
siebten Gebot ist das Unrecht verboten, dass man frem-
des Gut an sich reißt oder dem Nächsten vorenthält,
wozu man kein Recht hat. Hier aber wird verhindert,
dass man dem Nächsten etwas wegnimmt, selbst wenn
es einen guten Anschein hätte, damit niemand dich be-
schuldigen oder dir vorwerfen kann, du hättest es mit
unlauteren Mitteln erworben.
Denn die Natur hat es so geschickt eingerichtet,
dass keiner dem anderen so viel gönnt wie sich selbst
und jeder versucht so viel wie möglich für sich selbst
anzuhäufen; mag der andere doch sehen, wo er bleibt.
Und dann halten sie sich auch noch für fromm, spielen
uns Theater vor, erfinden und erdichten so raffinierte
Kniffe, dass aus Unrecht Recht wird, pochen auch noch
auf dieses Recht und wollen das nicht als Gerissenheit,
sondern als Klugheit und Weitsicht bezeichnet haben.
Dazu helfen auch Juristen und Rechtsanwälte, die das
Recht lenken, es dehnen und verdrehen, wie es gerade
der Sache hilfreich ist, verdrehen die Worte, ohne an
die Not des Nächsten einen Gedanken zu verschwen-
den. Wer in solchen Sachen der Geschickteste und Ge-
scheiteste ist, dem hilft das Recht am besten. Darum ist
dieses letzte Gebot nicht für die Ganoven in der Welt,
sondern eben für die Frömmsten geschrieben. Sie wol-
len gelobt sein, möchten redliche und aufrichtige Men-
schen genannt werden, weil sie sich gegen die vorheri-
gen Gebote nichts zuschulden kommen ließen, so wie
es besonders die Juden von sich sagten und es auch viele
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