Page 81 - Was will Gott_Neat
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ßen kann, ohne dass es die Welt als Unrecht ansieht und
            ohne dass sie es sehen will, dass der Nächste auf diese
            Art einen Nachteil erleidet und etwas weggeben muss,
            worauf er eigentlich nicht verzichten kann. Und keiner
            wird dann zugeben, dass er so an seinem Nächsten han-
            deln wollte. Hier kann man sehen, wie alles unter einem
            falschen Vorwand oder mit einem falschen Anschein
            geschieht.
                So ist es früher auch mit den Frauen gewesen. Wenn
            einem die Frau eines anderen gefiel, wurde allein oder
            mithilfe anderer so lange gebohrt, bis ihr Mann über sie
            verärgert war oder sie sich ihm verweigerte, bis er sich
            von ihr scheiden ließ und er sie dem anderen überlassen
            musste. Das war im Gesetz stark verwurzelt. Man liest
            im Evangelium auch vom König Herodes, dass er die
            Frau seines Bruders noch zu dessen Lebzeiten heiratete,
            obwohl er doch als frommer und ehrbarer Mann galt,
            wie es ihm St. Markus bescheinigt. Ich hoffe, dass ein
            solches Beispiel bei uns keine Nachahmer findet, da es
            im Neuen Testament den Eheleuten verboten ist, sich
            scheiden zu lassen. Es könnte höchstens passieren, dass
            einer dem anderen mit List die Braut ausspannt. Etwas
            anderes ist aber bei uns nicht selten, nämlich, dass einer
            die Angestellten des andern weglockt oder mit schönen
            Worten abwirbt.
                Sei es, wie es mag; wir sollen wissen, dass Gott
            nicht will, dass du dem Nächsten etwas, das ihm gehört,
            wegnimmst, sodass er Not leidet und du dir deinen Ra-
            chen stopfst, auch wenn du es vor der Welt ehrenhaft
            behalten kannst. Denn es ist eine heimliche List, die
            öffentlich nicht bekannt wird. Denn auch wenn du so
            tust, als hättest du niemandem unrecht getan, so hast
            du doch deinen Nächsten betrogen; und wenn es nicht
            gestohlen oder betrogen ist, so ist es doch so, dass du


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