Page 73 - Was will Gott_Neat
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du dich nicht, es bei den amtlichen Personen vorzu-
bringen, so halte auch das Maul. Weißt du es aber, so
wisse es für dich, nicht für einen andern. Denn wenn du
es weitersagst, auch wenn es wahr ist, bist du doch ein
Lügner, wenn du es nicht beweisen kannst. Du handelst
wie ein Bösewicht, denn man soll niemand seine Ehre
und seinen Ruf beschädigen, wenn er ihm nicht zuvor
schon öffentlich genommen wurde. Falsches Zeugnis
ist also alles, was man nicht beweisen kann, so wie es
sich gehört. Darum was nicht beweisbar öffentlich
bekannt ist, soll niemand öffentlich machen oder als
Wahrheit ausgeben. Was heimlich ist, soll man heim-
lich bleiben lassen oder heimlich strafen, davon werden
wir noch sprechen.
Darum, wo dir ein Schwätzer begegnet, der etwa
über einen anderen tratscht oder ihn verleumdet, so
spreche ihn frei weg darauf an, dass er schamrot wird.
Manch einer wird dann das Maul halten, der sonst ei-
nen armen Menschen in Verruf bringt, aus dem er nur
schwer wieder herauskommt; denn Ehre und Ruhm
sind schnell genommen, aber nicht so schnell wieder-
gegeben.
Du siehst, es ist klar verboten, etwas Böses vom
Nächsten zu reden, ausgenommen jedoch gegenüber
weltlicher Obrigkeit, Predigern, Vater und Mutter,
denn das Gebot ist dennoch so zu verstehen, dass das
Böse nicht ungestraft bleibt. Es verhält sich hier ähnlich
wie beim fünften Gebot: Niemand soll dem Nächsten
am Leibe Schaden zufügen, doch ist Gott der Richter,
ausgenommen; denn sein Amt ist es, dem Nächsten
nichts Gutes, sondern nur Schaden und Böses zu tun.
Dennoch sündigt er nicht gegen das fünfte Gebot, weil
Gott selber dieses Amt um seiner selbst willen angeord-
net hat; denn Gott hat sich das Strafen nach seinem Be-
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