Page 71 - Was will Gott_Neat
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Christen werden vor der Welt als Ketzer, Abtrünnige,
ja aufrührerische und verzweifelte Bösewichte bezeich-
net. Gottes Wort wird aufs Schändlichste und Giftigste
verfolgt, gelästert, es wird Lügen gestraft, es wird ver-
dreht und falsch ausgelegt. Aber daran kann man nichts
ändern; denn es ist die Art der blinden Welt, dass sie die
Wahrheit und die Kinder Gottes verurteilt und verfolgt
und es nicht einmal für eine Sünde hält.
Zum Dritten geht es uns insofern etwas an, als
in diesem Gebot jede Sünde der Zunge verboten ist,
wodurch man dem Nächsten schadet. Denn falsches
Zeugnis reden ist nichts anderes, als dass es mit dem
Mundwerk geschieht. Was man nun mit dem Mund-
werk gegen den Nächsten tut, das will Gott nicht ha-
ben; seien es falsche Prediger mit ihren Lehren und
ihrem Lästern, falsche Richter und Zeugen mit dem
Urteil oder sonst außerhalb des Gerichts mit Lügen
und übler Nachrede. Hierzu gehört besonders das lei-
dige und schändliche Laster der üblen Nachrede oder
der Verleumdung. Wir hätten viel davon zu reden, wie
uns hier der Teufel reitet. Denn es ist eine allgemeine,
schändliche Plage, dass jeder lieber Böses als Gutes von
dem Nächsten hören möchte und obwohl wir selbst so
böse sind, können wir es nicht leiden, dass uns jemand
etwas Böses nachsagt, sondern jeder möchte gern, dass
alle Welt Goldenes von ihm redet, doch können wir es
andrerseits nicht hören, wenn man das Beste vom an-
deren sagt.
Darum sollen wir uns merken, diese Untugend
zu vermeiden. Niemand ist auf der Welt, um seinen
Nächsten öffentlich zu verurteilen oder zu bestrafen,
auch wenn er ihn sündigen sieht, wenn er nicht Richter
ist. Denn es ist ein großer Unterschied zwischen Sünde
richten und von einer Sünde wissen. Wissen kannst du
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