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7. Runde (Donnerstag, 27. November):

Machtvakuum beim DSB -
Klaus Bischoff tritt von seinem Amt zurück

Das Ende einer Ära ist gekommen - wir halten kurz die

Luft an und sagen „Vielen Dank, Klaus Bischoff!“. Der

noch immer amtierende Deutsche Meister verlor heute

seine Partie gegen Felix Graf und hat damit auch streng

theoretisch keine Möglichkeit mehr, in das Rennen um       Besiegelt das Ende einer Ära:
den Titelgewinn 2014 einzugreifen. Bischoff hat daraufhin    Klaus Bischoff - Felix Graf
am Abend alle Ämter nieder- und sich selbst eine Weile

hingelegt, bevor man ihn später dann wieder als Privatmann im Hotel Niedersachsenhof be-

grüßen durfte, befreit von der Bürde und Verantwortung des Meistertitels, den er seit seiner

Inauguration in Saarbrücken im September 2014 innegehabt hat.

Trotz aller berechtigten Sentimentalität müssen wir uns in diesem Zusammenhang natürlich
mit der Frage auseinandersetzen, ob Klaus Bischoff in seiner vierzehnmonatigen Amtszeit
das Wohl des Deutschen Schachvolkes angemessen gemehrt und Schaden von ihm abge-
wehrt hat.

Wir erinnern uns, dass Baden-Baden unter seiner Ägide einen weiteren Meistertitel holen
konnte. Die SG Solingen schnitt derweil sehr passabel und besser noch als Werder Bremen
beim Europapokal in Bilbao ab, und mit dem SSC Rostock 07 ist ein Verein von der Ostsee-
küste in die Bundesliga aufgestiegen.

Das alles sind beeindruckende Erfolge und sprechen für das weitsichtige und weise Wir-
ken des freundlichen Ulmers. Auch seine Expertise war bundesweit geschätzt, als bei dem
letzten Kandidatenturnier in (wo war es noch?) niemand so richtig die Züge der interna-
tionalen Großmeister zu deuten vermochte. Hier sprang er selbstlos in die Bresche und
erklärte dem Volke alle Manöver im Rahmen mehrstündiger Chessbase-Live-Übertragun-
gen. (Ab und zu gab es aber auch eine Pause, da musste man dann selber weiterdenken.)
Schön war also die Zeit, und unbedingt loben wollen wir hiermit den Deutschen Meister
2013 Klaus Bischoff für eine sehr erfolgreiche Amtsperiode! Vielen herzlichen Dank im
Namen aller Mitglieder!

Bis die Verdener Meisterschaft entschieden ist, muss der Deutsche Schachbund nun offen-
bar mit einem zweitägigen Machtvakuum zurechtkommen. Kommissarisch wird sicherlich
Präsident Herbert Bastian in Verbindung mit Bundesturnierleiter Ralph Alt Antworten auf
die drängendsten schachpolitischen Fragen finden können. Dennoch, es ist gut, dass ver-
mutlich schon am Sonnabend der wichtigste Posten im Deutschen Schach endlich wieder
vergeben sein wird.

Gute Chancen auf die Amtsnachfolge hat augenblicklich Daniel Fridman, dessen Namen
wir im Rahmen der laufenden Berichterstattung ja schon das eine oder andere Mal und
eigentlich die ganze Zeit über gehört haben. Fridman bremste in der siebten Turnierrunde
den ungestüm anrennenden Vitaly Kunin aus, der seine Figuren aus der Ferne und auf den
ersten Blick gesehen vielleicht etwas zu schwungvoll nach vorne geworfen hatte.

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